Exotische Maschinen-Ehe

Forscher untersuchen Kombination von Mikrogasturbine und Kältemaschine

Wissenschaftler der Universität Karlsruhe arbeiten an einer „exotischen“ Geräte-Kopplung: Sie untersuchen eine Anlage, die eine Mikrogasturbine mit einer Absorptionskältemaschine verbindet. „Diese Kombination ist absolut neu, die gibt es noch nirgends“, erklärt Professor Dr. Hans-Jörg Bauer, Leiter des Instituts für Thermische Strömungsmaschinen. Die Anlage wird nach der Karlsruher Testphase auf die Antillen verschifft, wo sie auf der Insel Saint Barthélémy in einer Meerwasserentsalzungsanlage zur dezentralen Energieversorgung eingesetzt wird. Neben der Versorgung mit Elektrizität dient sie dort auch zur Kühlung des entsalzten Wassers, liefert also Strom und Kälte.

Die Idee für diese Apparatur hatte die Electricité de France (EDF). Der französische Energieversorger steht vor dem Problem, dass er in Regionen wie den französischen Antilleninseln den Strom zu gleichen Konditionen anbieten muss wie auf dem Mutterland und sucht deshalb nach wirtschaftlichen und umweltschonenden Methoden der Energiebereitstellung. Derzeit ist die Netzausstattung auf diesen Inseln meist mangelhaft, starke Schwankungen der Netzspannung und häufige Stromausfälle sind die Folge. Abhilfe schaffen soll nun diese dezentrale Energieversorgungsanlage. Sie ist zum einen mit mehreren Mikrogasturbinen ausgestattet, die Generatoren zur Stromerzeugung antreiben. Einen Teil der Abwärme dieser Turbinen überführen die Wissenschaftler zur angegliederten Absorptionskältemaschine, deren Energiebedarf dadurch größtenteils abgedeckt wird. Die Kältemaschine benötigen die zukünftigen Betreiber zur Kühlung von entsalztem Meerwasser. Der Grund: Nach der Entsalzung muss das Trinkwasser rasch abgekühlt werden, da sich sonst leicht gesundheitsgefährdende Keime vermehren.

Da es mit dieser Geräte-Kombination noch kaum Erfahrungen gibt, hat sich die EDF dazu entschlossen, die Anlage an der Universität Karlsruhe in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Institut für Energieforschung (EifER) testen zu lassen. Das Institut für Thermische Strömungsmaschinen stellt laut Bauer die Infrastruktur für diese Untersuchungen zur Verfügung und bearbeitet zusammen mit den Kollegen von EifER die Testreihen. „Durch den Zusammenschluss der Geräte ergeben sich beispielsweise andere Druckverhältnisse, wie wenn eine Turbine alleine für sich betrieben würde, dieses und vieles mehr müssen wir vor dem offiziellen Start der Anlage testen“. Bauer rechnet damit, dass die so genannte Combined Cooling & Power-Anlage Ende August nach Saint Barthélémy überführt werden kann.

Eine technische Besonderheit ist jedoch nicht alleine die Verbindung der Turbinen mit der Kältemaschine. Auch für die Nutzung der Abwärme, die von der Turbine kommt, haben die Wissenschaftler eine außergewöhnlich Lösung gefunden: Sie führen die Wärme nicht direkt zur Kältemaschine sondern zunächst über einen Wärmetauscher. Hier wird die Luft, die zum Antreiben der Turbinen benötigt wird, vorgewärmt, bevor sie in die Brennkammer der Mikrogasturbine gelangt. Durch diese interne Luftvorwärmung erzielen die Turbinen einen Wirkungsgrad zwischen 25 und 30 Prozent. Bauer: „Dies ist für Turbinen dieser Leistungsklasse ein hoher Wirkungsgrad, der in etwa mit dem eines Otto-Motors vergleichbar ist.“ Erst die Wärme, die nach diesem Procedere noch übrig bleibt, steht der Absorptionskältemaschine zur Verfügung.

Mit der innovativen Anlage möchte die EDF die Effektivität der Inselnetzwerke verbessern und dabei vor allem den Energieverbrauch senken. Mit der neuen Anlage sind laut Bauer Einsparungen im Primärenergieverbrauch von bis zu 25 Prozent möglich: „Dies entspricht einer Verminderung des Kohlendioxid-Ausstoßes um den gleichen Wert.“

Weitere Informationen:
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