Potenzial und Bewertung der Gentherapie in Deutschland

„Die gentherapeutische Forschung in Deutschland ist international konkurrenzfähig,“ so das Fazit der Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht in der jüngst erschienenen Studie „Gentherapie in Deutschland“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften.

„Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit sind die klinischen Entwicklungen auf diesem Gebiet in jüngerer Zeit rasant vorangeschritten“, erklärte Bernd Müller-Röber, Sprecher der Arbeitsgruppe Gentechnologiebericht.

Die Autoren leisten eine umfassende Darstellung des aktuellen Forschungsstandes und des Potenzials der Gentherapie in Deutschland. Die interdisziplinäre Analyse bezieht dabei neben naturwissenschaftlichen und medizinischen Fakten auch die juristischen Rahmenbedingungen, bestehende ethische Implikationen sowie die öffentliche Wahrnehmung und Bewertung ein.

Die Studie unterstreicht, dass gentherapeutische Anwendungen vor allem bei monogen bedingten Erkrankungen sowie für Krebserkrankungen vielversprechend sind; den Autoren erscheint dabei die Kombination von gentherapeutischen und anderen, konventionellen Therapien ein zukunftsweisender Ansatz in der Medizin.

Deutliche Kritik äußern die Autoren dagegen an nichttherapeutischen Eingriffen in das menschliche Genom, wie z.B. das Enhancement oder das Gendoping im Sport. Hier sprechen gewichtige ethische wie moralische Argumente sowie die medizinische Nutzen-Risiko-Abwägung für ein Verbot. Auch gentherapeutische Eingriffe in die menschliche Keimbahn werden abgelehnt, da hierfür keine medizinisch begründeten Indikationen gesehen werden.

Erfolgreiche klinische Studien sowie die öffentliche Akzeptanz der Gentherapie sind zwei wesentliche Voraussetzungen für die weitere Entwicklung der Gentherapie in Deutschland. Ferdinand Hucho als federführender Autor gibt allerdings zu bedenken, „dass sich Deutschland und andere Länder Zentraleuropas in einigen klinischen und präklinischen Bereichen zwar einen Entwicklungsvorsprung vor den USA erarbeitet haben. Das hohe Niveau kann jedoch nur bei hinreichender finanzieller Förderung seitens der öffentlichen Hand gesichert werden.“

Mit diesem Buch legt die Arbeitsgruppe ihren vierten Themenband nach Erscheinen des Ersten Deutschen Gentechnologieberichtes im Jahr 2005 vor. Mit dem Thema Gentherapie erweitert sie damit das Spektrum der Themengebiete der Gentechnologie, die im Rahmen des bestehenden Langzeitmonitorings in den Blick genommen werden. Das Monitoring für gentechnologische Entwicklungen wird fortgesetzt. Als nächste Publikation ist die Fortschreibung des Gentechnologieberichtes geplant, der die Themen Grundlagenforschung, Gendiagnostik, Stammzellforschung, grüne Gentechnik sowie Gentherapie in den Blick nehmen wird.

Ferdinand Hucho, Bernd Müller-Röber, Silke Domasch, Mathias Boysen
Gentherapie in Deutschland. Eine interdisziplinäre Bestandsaufnahme.

Themenband des Gentechnologieberichts,(Forschungsberichte der Interdisziplinären Arbeitsgruppen, Band 21, hrsg. von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften)

Dornburg 2008, Forum W – Wissenschaftlicher Verlag, 212 Seiten, geb. 39,90 €, ISBN: 978-3-940647-02-3.

Ansprechpartnerin für inhaltliche Nachfragen:
Dr. Silke Domasch, BBAW, AG Gentechnologiebericht
Tel. 030/20370-626, Fax:030/20370-444, E-mail: domasch@bbaw.de
Zur Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften:
Die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften ist eine Fach- und Ländergrenzen überschreitende Vereinigung herausragender Wissenschaftler mit über 300-jähriger Tradition. 78 Nobelpreisträger prägen ihre Geschichte. Als größte außeruniversitäre geisteswissenschaftliche Forschungseinrichtung in der Region Berlin-Brandenburg sichert und erschließt sie kulturelles Erbe, forscht und berät zu gesellschaftlichen Zukunftsfragen und bietet ein Forum für den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit.

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Gisela Lerch idw

Weitere Informationen:

http://www.bbaw.de

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