Negative Brechung in ferromagnetischen und supraleitenden Hybrid-Systemen

Gemeinsam mit polnischen und US-amerikanischen Kollegen ist es Augsburger Physikern gelungen, negative Brechung in Multilagen von ferromagnetischen und supraleitenden Dünnfilmen zu realisieren. „Wir sind zuversichtlich, in einem nächsten Schritt die ferromagnetischen Schichten durch antiferromagnetische ersetzen zu können, um so auch konkrete Anwendungsperspektiven zu eröffnen“, berichtet Privatdozent Dr. Andrei Pimenov vom Augsburger Lehrstuhl für Experimentalphysik V/Elektronische Korrelationen und Magnetismus.

Die Gesetze der klassischen Optik gehören zu den Grundlagen der fundamentalen Physik. Sie basieren auf Materialien mit positiver Brechzahl, die seit Jahrhunderten die Konstruktion von Linsen und optischen Geräten sowie von weiteren fundamentalen Hilfsmitteln für viele Forschungsbereiche erlauben und insofern von umfassender technologischer Bedeutung sind. 1968 wies der russische Physiker Veselago darauf hin, dass negative Brechung alle Gesetze der klassischen Optik umkehren oder zumindest stark modifizieren würde. Bei negativer Brechung erfolgt die Ausbreitung der Lichtwelle entgegengesetzt zur Richtung der transportierten Energie. Mit negativer Brechung lässt sich auch die Auflösungsgrenze optischer Geräte überwinden, ein Phänomen das mit „Superlensing“ beschrieben wird. Theoretisch vor etwa 40 Jahren vorhergesagt, wurde der Effekt negativer Brechung erst vor kurzem in Metamaterialien und Photonischen Kristallen realisiert.

In erfolgreicher Zusammenarbeit ist es den Augsburger Physikern Andrei Pimenov und Alois Loidl (Lehrstuhl für Experimentalphysik V/Elektronische Korrelationen und Magnetismus) nun gelungen, gemeinsam mit Kollegen von der Polish Academy of Sciences, Warszawa, und von der Northern University of Illinois negative Brechung in einem weiteren System zu realisieren, und zwar in Multilagen von ferromagnetischen und supraleitenden Dünnfilmen. In diesen Hybrid-Materialien sorgen die Multilagen des Hochtemperatursupraleiters YBaCuO für negative dielektrische Permittivität und die ferromagnetischen (La:Sr)MnO-Schichten für negative magnetische Permeabilität. Nach theoretischen Modellen sind dies genau diejenigen Komponenten, die für die Existenz negativer Brechungsindices notwendig sind.

In den Transmissions-Experimenten der Augsburger Physiker wurde die Existenz negativer Brechung in externen Magnetfeldern demonstriert. Als interessanter Nebeneffekt konnte mittels Magnetfeld zwischen positiver und negativer Brechung geschaltet werden. In den untersuchten Metamaterialien ist negative Brechung zunächst allerdings auf tiefe Temperaturen und hohe Magnetfelder beschränkt, für Anwendungszwecke deshalb nicht sehr Erfolg versprechend. Die Augsburger Physiker sehen aber einen konkreten Ausweg: „In zukünftigen Experimenten“, so Pimenov, „werden wir die ferromagnetischen Schichten durch antiferromagnetische ersetzen. Damit könnte negative Brechung bereits ohne externe Felder erreicht werden.“

Kontakt:
PD Dr. Andrei Pimenov
Lehrstuhl für Experimentalphysik V/EKM
Universität Augsburg
86135 Augsburg
Telefon 0821/598-3605
andrei.pimenov@physik.uni-augsburg.de

Ausführlich: A. Pimenov et al., Negative Refraction in Ferromagnet-Superconductor Superlattices, Phys. Rev. Lett. 95, 247009, 2005 (http://link.aps.org/abstract/PRL/v95/e247009)

Siehe auch: Belle Dumé, Ferromagnets and supercondutors make negative-index materials, Physicsweb, News for December 2005 (http://www.physicsweb.org/articles/news/9/12/13/1)

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