Wasserqualität und Schadstoffabbau in Feuchtgebieten

Mit Hilfe des in Bayreuth entwickelten Modells ist es möglich, komplexe Wechselwirkungen innerhalb von Feuchtgebieten zu simulieren, wie beispielsweise auf den Versuchsflächen am Lehstenbach im Fichtelgebirge. Simulationen zeigen die Entwicklung von „Hot Spots“, also von räumlich begrenzten Bereichen mit besonders hoher biogeochemischer Prozess- aktivität (hier: dem Abbau von Sulfat) relativ zu ihrer Umgebung. Auf diese Weise werden Zusammenhänge zwischen diesen Prozessen und der Geländestruktur sichtbar, von der es wesentlich abhängt, wohin Nähr- und Schadstoffe in fließenden Gewässern transportiert werden.<br>Sven Frei, Universität Bayreuth <br>

Feuchtgebiete sind dafür bekannt, dass sie eine zentrale Bedeutung für den Wasserhaushalt in der Natur und für die Qualität des Wassers haben. Eine wichtige Funktion kommt dabei den im Boden lebenden Organismen zu. Die von ihnen ausgelösten biogeochemischen Prozesse – vor allem die sogenannten Redox-Reaktionen – tragen entscheidend dazu bei, dass lösliche Nährstoffe und Schadstoffe biologisch abgebaut oder durch fließende Gewässer abtransportiert werden.

In Feuchtgebieten sind diese Vorgänge keineswegs gleichmäßig verteilt. Vielmehr treten sie an einigen Stellen, die in der Forschung als „Hot Spots“ bezeichnet werden, in besonders hoher Konzentration auf. Und nur zu bestimmten Zeiten, in den so genannten „Hot Moments“, erreichen sie eine außerordentlich hohe Intensität.

Schon seit längerer Zeit setzt sich die hydrologische Forschung daher mit der Frage auseinander, welche Faktoren die räumliche Verteilung der „Hot Spots“ und die zeitliche Verteilung der „Hot Moments“ innerhalb von Feuchtgebieten bestimmen. Häufig hat man sich darauf beschränkt, die unterschiedliche Häufigkeit und Intensität biogeochemischer Prozesse allein mit der Bodenbeschaffenheit zu erklären. Doch ein grundlegendes Verständnis konnte auf diesem Weg bisher nicht erzielt werden.

Einem Forschungsteam am Lehrstuhl für Hydrologie der Universität Bayreuth ist es jetzt aber gelungen, ein theoretisches Modell zu entwickeln, das es ermöglicht, die ober- und unterirdischen Wasser- und Stoffflüsse in Feuchtgebieten zu simulieren. Mit diesem Modell konnten sie nachweisen, dass die Geländestrukturen sowie die ober- und unterirdischen Wasserverläufe die hauptsächliche Ursache dafür sind, wo und wann es zu einer Konzentration biogeochemischer Prozesse im Boden kommt.

Es ist – wissenschaftlich gesprochen – die Rolle der Mikrotopographie, die in bisherigen Forschungsansätzen unterschätzt wurde. Das in Bayreuth entwickelte Modell hat dagegen eine höhere Erklärungskraft. Es bietet die Chance, besonders günstige Bedingungen für den Abbau und den Abtransport von Schadstoffen in Feuchtgebieten zu ermitteln.

Die Bayreuther Forscher um Sven Frei sind bei der Modellierung aber nicht stehen geblieben. Auf einer Versuchsfläche im Fichtelgebirge haben sie parallel dazu umfangreiche empirische Untersuchungen betrieben. Dabei haben sie die räumliche Verteilung der Stellen, an denen besonders zahlreiche Prozesse zum Abbau von Nähr- und Schadstoffen ablaufen, mit Geländestrukturen sowie mit ober- und unterirdischen Flussverläufen in Beziehung gesetzt. Wie sich herausstellte, stimmten die im Modell durchgeführten Berechnungen weitgehend mit den empirischen Befunden überein.

„Weil die Messungen im Fichtelgebirge so gut zu den idealtypischen Modellberechnungen passen, die wir am Computer durchführen, sehen wir uns ermutigt, weiter an einer Präzisierung unseres Modells zu arbeiten,“ erklärt Sven Frei. „Wir verstehen unsere Forschungsarbeit als eine Ergänzung der bisherigen Erklärungsversuche, die sich ausschließlich auf wechselnde Bodenverhältnisse bezogen haben. Es würde uns freuen,

wenn wir auf diese Weise dazu beitragen können, konkrete Maßnahmen im Natur- und Gewässerschutz möglichst effizient zu gestalten.“

Veröffentlichung und Ansprechpartner:

Veröffentlichung:
S. Frei, K. H. Knorr, S. Peiffer, and J. H. Fleckenstein,
Surface micro-topography causes hot spots of biogeochemical
activity in wetland systems: A virtual modeling experiment
in: Journal of Geophysical Research (2012), Vol. 117.
DOI: 10.1029/2012JG002012
Ansprechpartner:
Sven Frei
Lehrstuhl für Hydrologie Universität Bayreuth
D-95440 Bayreuth
Telefon: +49 (0)921/55-2297
E-Mail: sven.frei@uni-bayreuth.de

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Christian Wißler Universität Bayreuth

Weitere Informationen:

http://www.uni-bayreuth.de

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