Wandernden Zellen auf der Spur

Professor Faix (links) mit zwei Koautoren dieser Studie, Christof Franke (vorn) und Dr. Alexander Junemann (hinten rechts). Foto: MHH/Kaiser

Viele Körperzellen bewegen sich aktiv durch Gewebe hindurch. Das ist zum Beispiel für die Immunabwehr, Wundheilung und Entwicklung eines Embryos unerlässlich. Doch Zellwanderung ermöglicht auch, dass Tumore Metastasen bilden.

Neueste Erkenntnisse über die aktive Fortbewegung von Zellen konnte nun das Team um Professor Dr. Jan Faix vom Institut für Biophysikalische Chemie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) zusammen mit Kollegen aus Jülich und München gewinnen: Ein Formin spielt für die effektive Fortbewegung von Zellen eine entscheidende Rolle. Es bildet aus dem vom Muskel bekannten Protein Aktin lange Filamente. Ihre Ergebnisse veröffentlichten die Forscher in der renommierten Fachzeitschrift Nature Communications.

„Wir gehen davon aus, dass unsere Erkenntnisse dazu beitragen können, künftig Zellbewegungen aus therapeutischen Gründen fördern oder unterbinden zu können“, sagt Professor Faix. Die Forscher nutzten zunächst die Amöben-Art Dictyostelium discoideum, die sich ähnlich den weißen Blutzellen „amöboid“ fortbewegt: An der Zellvorderseite werden Zellfortsätze ausgestülpt, während die Zellen ihr rückwärtiges Ende aktiv zusammenziehen. Das führt zur Vorwärtsbewegung.

Dabei vergrößert sich der Druck in der Zelle, was auf die „Zellhülle“ aus Zellmembran und Aktin-Netzwerk wirkt. Zusätzlich erhöht eine enge Umgebung, wie sie bei der Wanderung durch Gewebe vorliegt, die Anforderungen an die mechanische Stabilität dieser Hülle.

Die MHH-Forscher fanden nun heraus, dass das Formin insbesondere für die Fortbewegung unter solch einengenden Bedingungen von enormer Bedeutung ist: Wenn die Zelle läuft, ist dieses Formin immer im hinteren Bereich angereichert, den die Zelle aktiv zusammenzieht.

Es stellt die Grundlage für die Ausbildung eines stabilen Aktin-Netzwerks dar, das fest genug ist, um dem Druck standzuhalten. So wird ein Aufbrechen des hinteren Zellteils unterbunden, und der Zellkörper kann sich sehr effektiv nach vorn bewegen. An kultivierten Mauszellen konnten die Forscher außerdem belegen, dass ein sehr ähnlicher Mechanismus auch in höheren Säugetieren existiert.

Als die Forscher das Formin in den Amöben-Zellen ausgeschaltet hatten, waren die Zellen leichter verformbar. Das beeinflusste die Fortbewegung:

„Ohne Begrenzung bewegten sich die Zellen zwar schneller, wenn aber der Bewegungsraum eingeengt wurde, was der Situation im Gewebe entspricht, konnten sie den inneren Drücken viel schlechter widerstehen, bildeten Blasen und waren kaum beweglich. So ist klar, dass sich Zellen ohne mechanische Festigkeit ihrer Hülle nicht mehr durch das Gewebe drücken können – was sie ja müssen, um im Körper an ihren Zielort zu gelangen“, sagt Professor Faix.

Weitere Informationen gibt gern Professor Faix, Telefon (0511) 532-2928, faix.jan@mh-hannover.de

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Stefan Zorn idw - Informationsdienst Wissenschaft

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