Damit die Blutgerinnung im grünen Bereich bleibt

Eine überschießende Blutgerinnung kann dagegen das Risiko für einen Schlaganfall oder einen Herzinfarkt erhöhen. Wissenschaftler der Universität Bonn haben eine Methode entwickelt, wie sich der Gerinnungsstatus während eines Eingriffs überwachen lässt. Eine Diagnostikfirma will den Biosensor nun auf den Markt bringen.

Wenn sich ein Mensch zum Beispiel mit einem Messer am Finger verletzt, wird über ein ausgefeiltes Signalsystem im Körper die Blutgerinnung aktiviert. Das Protein Thrombin ist ein wichtiger Blutgerinnungsfaktor. „Es wandelt im Körper Fibrinogen in Fibrin um, das wie ein Klebstoff die Wunde verschließt“, erklärt Professor Dr. med. Bernd Pötzsch, Oberarzt am Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin der Universität Bonn.

Allerdings muss das Thrombin in einer Art Regelkreis fein justiert werden. Ein Zuviel des Enzyms kann zu gefährlichen Blutgerinnseln führen, die etwa einen Herzinfarkt, einen Schlaganfall oder eine Lungenembolie auslösen. Ist dagegen zu wenig Thrombin vorhanden, kann dies Blutungen zur Folge haben. „Beides ist bei einer Operation unerwünscht“, sagt Professor Pötzsch. „Deshalb ist es sehr wichtig zu wissen, wie viel Thrombin sich im Blut eines Patienten befindet.“ Liegt die Menge dieses Gerinnungsfaktors nicht im grünen Bereich, kann der Sollwert kurzfristig mit Medikamenten eingestellt werden.

Die Gerinnungsforscher des Universitätsklinikums und Wissenschaftler des Life and Medical Sciences Instituts (LIMES) der Universität Bonn entwickelten gemeinsam einen biologischen Sensor, der direkt die Menge an Thrombin im Blut feststellen kann. „Bisher konnten nur verwandte Substanzen des Thrombins nachgewiesen werden, die aber nicht so aussagekräftig für den Gerinnungsstatus sind“, sagt Professor Dr. Günter Mayer, Biochemiker am LIMES-Institut.

Das Thrombin wird wie in einen Käfig eingefangen

Die Wissenschaftler verwenden so genannte Aptamere, die gezielt das Thrombin wie in einen Käfig einfangen und damit der Analyse mit herkömmlichen Untersuchungsgeräten zugänglich machen. „Bei dem Aptamer handelt es sich um Desoxyribonukleinsäure – also eine Abwandlung der DNS wie sie auch in unserem Erbgut vorkommt“, erläutert Professor Mayer. Das spezielle Aptamer, das auch Oligonukleotid-Anker genannt wird, fängt ausschließlich das Thrombin ein. Dass damit eine sehr exakte Bestimmung des Blutgerinnungsstatus während einer Operation möglich ist, stellten die Forscher zusammen mit Ärzten der Bonner Universitätsklinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie bei der Implantation künstlicher Hüftgelenke unter Beweis.

„Unsere Methode der Thrombinbestimmung haben wir bereits vor mehreren Jahren patentieren lassen“, berichtet Professor Mayer. Das Unternehmen American Diagnostica, das zur Sekisui-Gruppe in Tokyo (Japan) gehört, will das Testsystem nun auf den Markt bringen. „Wir haben einen Lizenzvertrag geschlossen, wodurch an die Universität Bonn Nutzungsgebühren fließen“, sagt der Biochemiker. „Beide Partner gewinnen: American Diagnostica kann dadurch ein neues diagnostisches Instrument anbieten, und wir profitieren von dem weltweiten Vertriebsnetz des Unternehmens.“

Publikation: Jens Müller, Tobias Becher, Jennifer Braunstein, Philipp Berdel, Sascha Gravius, Falk Rohrbach, Johannes Oldenburg, Günter Mayer und Bernd Pötzsch: Profiling of Active Thrombin in Human Blood by Supramolecular Complexes, Angew Chem Int Ed Engl. 2011; 50: 6075-8.

Grafik unter http://www3.uni-bonn.de/Pressemitteilungen/204-2011

Kontakt:

Professor Dr. med. Bernd Pötzsch/ PD Dr. Jens Müller
Institut für Experimentelle Hämatologie und Transfusionsmedizin des Universitätsklinikums Bonn
Tel. 0228/28716745
E-Mail: bernd.poetzsch@ukb.uni-bonn.de
Professor Dr. Günter Mayer
LIMES-Institut der Universität Bonn
Tel. 0228/734808
E-Mail: gmayer@uni-bonn.de

Media Contact

Johannes Seiler Uni Bonn

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wolken bedecken die Nachtseite des heißen Exoplaneten WASP-43b

Ein Forschungsteam, darunter Forschende des MPIA, hat mit Hilfe des Weltraumteleskops James Webb eine Temperaturkarte des heißen Gasriesen-Exoplaneten WASP-43b erstellt. Der nahe gelegene Mutterstern beleuchtet ständig eine Hälfte des Planeten…

Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

Möglicher Ansatz zur Behandlung von Übergewicht… Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen…

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

Partner & Förderer