Sind steinalte Gesteine wirklich steinhart?

Geschwindigkeit der Plattentektonik für Nordamerika (Abbildung: M. Kaban, GFZ).

Kontinente brechen auseinander, wandern, schieben sich wieder zusammen im Verlauf von Milliarden von Jahren. Die Kerngebiete der Kontinente sind geologisch sehr stabil und können bis zu 3,8 Milliarden Jahre alt werden. Sie werden als Kratone bezeichnet, sie sind das älteste geologische Merkmal unseres Planeten.

Bisher ging man davon aus, dass diese Kratone deshalb sehr stabil sind, weil sie aufgrund der vergleichsweise niedrigen Temperaturen im umgebenden Erdmantel sehr hart sind. Ein deutsch-amerikanisches Geowissenschaftlerteam hat nun entdeckt, dass die steinharten Kratone doch nicht so fest sind.

Die Forscher unter Leitung von Dr. Mikhail Kaban vom Deutschen GeoForschungsZentrum GFZ stellten fest, dass der Kraton unter dem nordamerikanischen Kontinent sich mächtig deformiert hat: seine Wurzel hat sich gegenüber dem Kratonzentrum um 850 Kilometer nach Westsüdwest verschoben.

Die gängige Theorie war bisher, dass sich diese Kontinentwurzeln seit ihrer Entstehung vor 2,5 bis 3,8 Milliarden Jahren nicht wesentlich verändert haben. Dem widerspricht die jetzt in „Nature Geoscience“ vorgelegte Studie.

„Wir haben verschiedene Datensätze aus Schwerefeld, Topographie, Seismologie und Krustenstruktur zusammengefügt, sie analysiert und damit ein dreidimensionales Modell der Dichte der Lithosphäre unter Nordamerika entwickelt“, erklärt GFZ-Wissenschaftler Mikhail Kaban. „Es zeigte sich, dass der untere Teil der kratonischen Wurzel sich um 850 Kilometer verschoben hat.“

Woher kommt diese Verformung des doch so stabilen und harten Kratons? Ein ebenfalls von den Wissenschaftlern entwickeltes Modell der Strömungen im Erdmantel unter Nordamerika zeigt, dass in rund 200 Kilometern Tiefe das zähflüssige Gestein im Erdmantel mit etwa vier Millimetern pro Jahr nach Südsüdwesten fließt, was gut mit der Bewegung der tektonischen Platte übereinstimmt. Durch die Zugkraft dieser Strömung wird der untere Teil des Kratons, an der Grenze der Lithosphäre zum Mantel, verschoben.

„Damit erweist sich der Kraton als doch nicht so hart und temperaturbeständig, wie bisher angenommen“, ergänzt Kaban. Es gibt also entschieden mehr mechanische, chemische und thermische Wechselwirkung zwischen dem jahrmilliardenalten Gestein des Kratons und seiner Umgebung im oberen Erdmantel.

Mikhail K. Kaban,Walter D. Mooney and Alexey G. Petrunin, 2015: “Cratonic root beneath North America shifted by basal drag from the convecting mantle”, Nature Geoscience, Advance Online Publication, DOI: 10.1038/NGEO2525

Franz Ossing
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