Flussmündungen versinken langsam

Viele der tiefliegenden Flussdelta der Welt sinken durch menschliche Aktivitäten ab, schreiben Forscher der University of Colorado in Boulder (CU-Boulder) im Wissenschaftsmagazin Nature Geoscience.

Dadurch sind zahlreiche Siedlungsgebiete in den Flussmündungen durch Überschwemmungen oder Stürme gefährdet. Im IPCC-Bericht von 2007 warnten die Experten noch vor den Gefahren durch die Klimaerwärmung. Die neue Studie sieht hingegen auch andere menschliche Faktoren als Ursache für das Absinken.

Das Forscherteam um James Syvitski von der CU-Boulder hat festgestellt, dass 24 der 33 großen Flussdeltamündungen in Asien und am Doppelkontinent Amerika in den vergangenen Jahren abgesunken sind. In 85 Prozent der Mündungen gab es zudem schwere Überschwemmungen, bei denen bis zu 160.000 Quadratkilometer überflutet wurden. Rund 500 Mio. Menschen leben in diesen Flussmündungsgebieten.

Ein Grund für das Absinken ist der Rückhalt der Sedimente, die normalerweise von den Flüssen mitgenommen und in den Reservoirs und Dämmen abgelagert werden. „Das so genannte grobe Geschiebe, darunter versteht man Material größerer Dimension bleibt in den Stauräumen hängen und damit ist der Weitertransport deutlich reduziert“, erklärt Thomas Hein vom Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der Universität für Bodenkultur und dem Wasserkluster Lunz im pressetext-Interview. „Der Feinsediment-Transport ist durch Veränderungen im Fluss und Einzugsgebiet ebenfalls stark beeinflusst und wirkt sich daher auch auf die Entwicklung der Flussdelta aus. Durch das fehlende Material kommt es nicht mehr zu den typischen Ablagerungen in Flüssen“, so Hein. „Das bedeutet aber auch, dass das Flussdelta

empfindlicher gegen Erosion von der Meeresseite her ist.“

Natürlich komme es auch auf die Nutzungs- und Verbauungsintensität im Einzugsgebiet und Delta selbst an. „Darüberhinaus wirken sich geänderte Klimabedingungen gerade in Deltaregionen massiv aus und zeigen deutlich, dass integrative Maßnahmen für einen Schutz dieser Siedlungs- und Lebensräume dringend erforderlich sind“, meint Hein. Sicherungsmaßnahmen müssten das ganze Einzugsgebiet umfassen und an den Schnittstellen Fluss-Umland und der Flusslandschaftsgestaltung selbst so aussehen, dass man an den kritischen Punkten die wesentlichen Vorgänge ermittelt. „Es geht darum, das zu steuern, was speziell bei extremen Ereignissen bewegt wird oder zurückbleibt und so genannte Rückhalteräume zu schaffen“, erklärt der Forscher. Um gezielte Maßnahmen zu ergreifen, müsse man ermitteln, was und wie viel woher kommt. „Neben dem Sedimenttransport ist auch die Nährstoffsituation durch diese Veränderungen massiv betroffen.“

„Jährlich sind ungefähr zehn Mio. Menschen Opfer von schweren Stürmen“, meint Studien Co-Autorin Irina Overeem. Eines der besten Beispiele dafür sei die Stadt New Orleans nach dem Hurrikan Katrina oder auch das Ganges-Brahmaputra-Delta in Indien und Bangladesch, dessen Überschwemmungen in diesem Jahr tausende Todesopfer forderte. Die Forscher gehen davon aus, dass ähnliche Katastrophen auch im tiefliegenden Mekong-Delta in Vietnam oder im Pearl River in China geschehen könnten. „Obwohl Menschen im täglichen Leben den Umgang mit den Flüssen gelernt haben, scheinen sie mit Stürmen und dem plötzlichen Anstieg des Wassers schlecht zurecht zu kommen“, so die Autoren. Mithilfe des Community Surface Dynamic Modeling System (CSDMS), an dem hunderte von Wissenschaftler mitarbeiten, sollen globale Prozesse der Erde wie etwa Erosion und Überflutung modelliert werden. Die National Science Foundation finanziert das Projekt mit 4,2 Mio. Dollar.

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Wolfgang Weitlaner pressetext.austria

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