Eiskalte Ozonkiller: Bremer Umweltphysiker lösen Rätsel um Brom-Explosionen in Arktis und Antartis

Frost Flowers, welche das Salz und damit auch das Brom aufsaugen

Die Entdeckung der Ozonzerstörung in der unteren Atmosphäre überraschte Ende der 80er Jahre die Wissenschaft. Die Verursacher konnten in den freien Brom-Radikalen festgemacht werden, nur – deren Quelle blieb bis heute rätselhaft. Den Umweltphysikern von der Universität Bremen ist es nun erstmals gelungen, die Quelle des Broms zu identifizieren.

Die Entdeckung der Ozonzerstörung in der unteren Atmosphäre (Troposphäre) überraschte zum Ende der 80er Jahre die Wissenschaft. Nur einige Jahre zuvor hatte die Entdeckung der Ozonzerstörung in den oberen Atmosphärenschichten (Stratosphäre) den Einfluss des Menschen deutlich gemacht. Die Verursacher für den stratosphärischen Ozonabbau, die industriell produzierten FCKWs, wurden schnell identifiziert. Dagegen konnten die Verursacher für die unteren Schichten, die troposphärische Ozonzerstörung, in den freien Brom-Radikale festgemacht werden, nur – deren Quelle blieb bis heute rätselhaft.

Den Umweltphysikern vom Institut für Umweltphysik der Universität Bremen ist es nun erstmals gelungen, die Quelle des Broms mittels Satellitendaten und Modellanalysen zu identifizieren. Brom ist im Meersalz zu einem geringen Anteil vorhanden. In den Polargebieten gefriert das Meerwasser zu Meereis. Dabei entsteht eine konzentrierte Salzlake an der Eisoberfläche. Auf dieser Oberfläche wachsen Eiskristalle (Frost Flowers) von etwa 2 cm Größe, welche das Salz und damit auch das Brom aufsaugen. Durch eine photochemische Kettenreaktion wird das Brom aus den Eiskristallen herausgelöst und zerstört dabei das bodennahe Ozon. Bei diesem Prozess entsteht Bromoxid, welches durch Satelliten-Spektrometer über dem Meereis nachgewiesen wurde.

Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden jetzt in „Geophysical Research Letters“ veröffentlicht, im Internet unter http://www.agu.org/pubs/crossref/2004/2004GL020655.shtml nachzulesen. Die Studie zeigt die große Bedeutung des Meereises für das Klimasystem der Erde aus völlig neuer Perspektive. Bisher standen die physikalischen Eigenschaften des Meereises für das Klimasystem im Vordergrund der internationalen Forschung. Nun wird das Interesse auf ein sehr junges Forschungsgebiet gelenkt, der physikalisch-chemischen Wechselwirkung zwischen dem Meereis, dem Ozean und der Atmosphäre. In diesem interdisziplinären Forschungsgebiet bietet das Bremer Institut für Umweltphysik die besten Arbeitsbedingungen, da es Meereis- und Atmosphärenforschung unter einem Dach vereinigt.

Die Studie ist erschienen unter: Kaleschke, L., et al. (2004), Frost flowers on sea ice as a source of sea salt and their influence on tropospheric halogen chemistry, Geophys. Res. Lett., 31, L16114, doi:10.1029/2004GL020655

Weitere Informationen:

Dr. Lars Kaleschke,
Universität Bremen, Institut für Umweltphysik
Postfach 330 440, 28359 Bremen
Tel.: 0421-218-4726 oder -4274
lkalesch@iup.physik.uni-bremen.de
sowie
Institut für Umweltphysik
Prof. John Burrows
Tel.: 0421 218- 4548 oder-4653
E-Mail: burrows@iup.physik.uni-bremen.de
und
Prof. Justus Notholt
Tel.: 0421 218-8982 oder -8611
E-Mail: jnotholt@iup.physik.uni-bremen.de

Media Contact

Angelika Rockel idw

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Geowissenschaften

Die Geowissenschaften befassen sich grundlegend mit der Erde und spielen eine tragende Rolle für die Energieversorgung wie die allg. Rohstoffversorgung.

Zu den Geowissenschaften gesellen sich Fächer wie Geologie, Geographie, Geoinformatik, Paläontologie, Mineralogie, Petrographie, Kristallographie, Geophysik, Geodäsie, Glaziologie, Kartographie, Photogrammetrie, Meteorologie und Seismologie, Frühwarnsysteme, Erdbebenforschung und Polarforschung.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Forschende enthüllen neue Funktion von Onkoproteinen

Forschende der Uni Würzburg haben herausgefunden: Das Onkoprotein MYCN lässt Krebszellen nicht nur stärker wachsen, sondern macht sie auch resistenter gegen Medikamente. Für die Entwicklung neuer Therapien ist das ein…

Mit Kleinsatelliten den Asteroiden Apophis erforschen

In fünf Jahren fliegt ein größerer Asteroid sehr nah an der Erde vorbei – eine einmalige Chance, ihn zu erforschen. An der Uni Würzburg werden Konzepte für eine nationale Kleinsatellitenmission…

Zellskelett-Gene regulieren Vernetzung im Säugerhirn

Marburger Forschungsteam beleuchtet, wie Nervenzellen Netzwerke bilden. Ein Molekülpaar zu trennen, hat Auswirkungen auf das Networking im Hirn: So lässt sich zusammenfassen, was eine Marburger Forschungsgruppe jetzt über die Vernetzung…

Partner & Förderer