Nervenstammzellen kontrollieren ihr eigenes Schicksal

Neuronale Stammzellen im ausgewachsenen Hippcampus einer Maus. Grün: Die Stammzellen und ihre Nachkommen exprimieren Protein. Magenta: Die Stammzellen des Hippocampus produzieren neue Neuronen. Departement Biomedizin, Universität Basel

Stammzellen sind nicht spezialisierte Zellen, die das Potenzial haben, sich in alle Zelltypen des menschlichen Körpers auszudifferenzieren. Normalerweise entwickeln Stammzellen jedoch nur solche Zelltypen, die zum jeweiligen Organ passen, in dem sie angesiedelt sind.

Derzeit wird angenommen, dass die Stammzellendifferenzierung von ihrem Umfeld, der sogenannten Nische, kontrolliert wird. Stammzellen erhalten und interpretieren demnach bestimmte Faktoren, welche in ihrer Nische vorhanden sind und die Ausdifferenzierung in bestimmte Zelltypen steuern.

Im menschlichen Gehirn ist der Hippocampus für spezifische Gedächtnisfunktionen verantwortlich, eine Hirnregion, die bei Erkrankungen wie Demenz, Depressionen oder Epilepsie betroffen ist. Grundlage für die Funktionen des Hippocampus sind verschiedene Zelltypen, die sich aus neuronalen Stammzellen entwickeln.

Grundsätzlich sind die neuronalen Stammzellen des ausgewachsenen Gehirns dazu in der Lage, drei Zelltypen zu entwickeln: Nervenzellen, Astrozyten und Oligodendrozyten. Im adulten Hippocampus werden allerdings keine Oligodendrozyten produziert – ein Umstand, für den es bisher keine Erklärung gab.

Intrinsischer Zellmechanismus

Forscher am Departement Biomedizin der Universität Basel haben nun herausgefunden, dass das Schicksal von Stammzellen im Hippocampus nicht von der lokalen Nische, sondern von einem intrinsischen Zellmechanismus kontrolliert wird. Ihre Studie beschreibt die zentrale Rolle, die das Enzym Drosha in diesem Mechanismus spielt. Dabei verhindert Drosha, dass das Protein NFIB exprimiert wird, welches für die Ausdifferenzierung von Oligodendrocyten notwendig ist, und blockiert so deren Entwicklung.

Das Team um Prof. Verdon Taylor konnte erstmals zeigen, dass ein Prozess innerhalb der Zelle über deren Schicksal entscheidet und nicht äussere Einflüsse dafür verantwortlich sind. «Unsere Forschungsresultate zum Protein Drosha verändern, wie wir bisher über das Zellschicksal nachgedacht haben», so der Zellbiologe Taylor. Seine Forschungsgruppe möchte nun untersuchen, ob und wie Stammzellen die Aktivität von Drosha selber regulieren, um das Zellschicksal der jeweiligen Nachfrage anzupassen.

Originalartikel

Chiara Rolando, Andrea Erni, Alice Grison, Robert Beattie, Anna Engler, Paul J. Gokhale, Marta Milo,Thomas Wegleiter, Sebastian Jessberger, and Verdon Taylor
Multipotency of Adult Hippocampal NSCs In Vivo Is Restricted by Drosha/NFIB
Cell Stem Cell (2016) | DOI: 10.1016/j.stem.2016.07.003

Weitere Auskünfte

Verdon Taylor, Universität Basel, Departement für Biomedizin, Tel. +41 61 207 30 91, E-Mail: verdon.taylor@unibas.ch

https://www.unibas.ch/de/Aktuell/News/Uni-Research/Nervenstammzellen-kontrollier…

Media Contact

Olivia Poisson Universität Basel

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Das Mikrobiom verändert sich dynamisch und begünstigt wichtige Funktionen für den Wirt

Ein interdisziplinäres Forschungsteam des Kieler SFB 1182 untersucht am Beispiel von Fadenwürmern, welche Prozesse die Zusammensetzung des Mikrobioms in Wirtslebewesen steuern. Alle vielzelligen Lebewesen – von den einfachsten tierischen und…

Wasser im Boden – genaue Daten für Landwirtschaft und Klimaforschung

Die PTB präsentiert auf der Woche der Umwelt, wie sich die Bodenfeuchte mithilfe von Neutronenstrahlung messen lässt. Die Bodenfeuchte hat nicht nur Auswirkungen auf die Landwirtschaft, sondern ist als Teil…

Bioreaktor- und Kryotechnologien für bessere Wirkstofftests mit humanen Zellkulturen

Medizinische Wirkstoffforschung… Viele Neuentwicklungen von medizinischen Wirkstoffen scheitern, weil trotz erfolgreicher Labortests mit Zellkulturen starke Nebenwirkungen bei Probanden auftreten. Dies kann passieren, wenn zum Beispiel die verwendeten Zellen aus tierischem…

Partner & Förderer