Hilfe für Kinder mit einer seltenen Krankheit

Es beginnt mit einer zunehmenden Sehschwäche, die bis zur völligen Erblindung geht, einhergehend mit Halluzinationen, Epilepsie und einer fortschreitenden Einschränkung der geistigen und motorischen Leistungsfähigkeit.

Die juvenile neuronale Ceroid-Lipofuszinose, kurz JNCL-Krankheit, ist eine erblich bedingte Stoffwechselkrankheit, die nach einem langen (nicht selten 20 Jahre), schleichenden Krankheitsverlauf unweigerlich zum Tode führt. Betroffen sind in der Regel Kinder im Alter zwischen 1 und 8 Jahren, aber auch bei Erwachsenen tritt die Krankheit auf. Zum Glück ist die Krankheit relativ selten, nur einer von 12.500 Menschen ist von ihr betroffen. Bis heute besteht keine Aussicht auf Heilung. lediglich lindernde Maßnahmen sind möglich.

Allerdings war auch die Forschungsförderung auf diesem Gebiet bislang eher spärlich, weil sich aufgrund der Seltenheit von JNCL eine Entwicklung von Arzneimitteln und Therapien nach rein wirtschaftlichen Aspekten nicht rechnet. Umso mehr freut sich die Universität Frankfurt, dass seit August dieses Jahres der finnische Wissenschaftler Dr. Mika Ruonala am Center for Membrane Proteomics (CMP) nach neuen Wegen zur Bekämpfung der JNCL-Krankheit suchen wird.

„Als mich mein bester Freund 2003 zur Weihnachtszeit anrief, und mich um eine Recherche über JNCL bat, weil seine beiden Söhne daran erkrankt sind und er das Fachchinesisch der Ärzte nicht versteht, begann ich mich für diese Krankheit zu interessieren“, erklärt Ruonala.

„Je mehr ich mich in die Thematik vertiefte, desto klarer wurde, dass es keine Chancen auf eine Heilung gibt. Also begann ich damit, selbst daran zu forschen, auch wenn absehbar ist, dass für den heute 11-und die 7-jährigen Kinder jede Hilfe zu spät kommen wird, bis Lösungsansätze gefunden werden und diese dann nach langwierigen klinischen Studien zu geeigneten Heilungsmethoden umgesetzt werden können. Beide Kinder sind schon völlig erblindet und der 11-Jähreige zeigt erste Anzeichen von Demenz.“

Man schätzt, dass in Deutschland jeder 200. Erwachsene ein hinsichtlich JNCL fehlerhaftes Gen besitzt. Aber nur wenn die Nachkommen zwei mutierte Gene von Vater und Mutter erhalten, tritt die Krankheit auf. Das Gen, das die Information für ein bestimmtes Protein trägt (CLN3-Protein), wurde 1995 auf dem Chromosom 16 lokalisiert. Es kodiert für ein 438 Aminosäuren großes Membranprotein der Lysosomen, dessen Funktion noch unbekannt ist. Lysosomen sind die „Müllhalden der Zellen“. Es handelt sich um „Bläschen“, die für den Abbau von Stoffen verantwortlich sind. Das nach dem mutierten Gen synthetisierte, stark verkürzte oder veränderte Protein kann die Funktion im Stoffabbau nicht erfüllen. In den Lysosomen kommt es dann zu unlöslichen Ablagerungen (Ceriod-Lipofuszin). Es ist jedoch noch nicht geklärt, ob diese Ablagerungen ursächlich für das massive Absterben der Nervenzellen des Gehirns verantwortlich sind. Auch bei Alterskrankheiten wie Alzheimer und Parkinson sowie bei Herzerkrankungen spielen die Ablagerungen eine wesentliche Rolle, und sie scheinen generell im funktionellen Zusammenhang mit der maximalen Lebenserwartung zu stehen.

Ruonala ist der Zellbiologie des CLN3-Proteins seit Jahren auf der Spur. Bislang hat man sich vornehmlich mit der genetischen Seite dieser Krankheit beschäftigt, da die zellbiologischen Ansätze äußerst kompliziert sind. In seiner Forschungsarbeit untersucht der Finne nun jedoch die molekularen Mechanismen des defekten Proteins. Dabei stehen die Funktion und die Wirkungsweise des Proteins im besonderen Fokus des Biochemikers. Mit seinen hochkarätigen Wissenschaftlern und seiner Infrastruktur an Laboreinrichtungen bietet das Center for Membrane Proteomics (CMP) die besten Voraussetzungen für Ruonala, seine Forschung auf dem Gebiet der JNCL-Forschung erfolgreich fortzusetzen. Gefördert wird das Projekt außerdem von der Foundation for JNCL Research und der NCL-Stiftung.

Informationen: Dr. Mika Ruonala und Dr. Bernd Märtens, Center for Membrane Proteomiks, Max-von-Laue-Str. 11, 60438 Frankfurt am Main. Tel.: (069) 789-29418, ruonala@em-uni-frankfurt.de und b.maertens@em.uni-frankfurt.de

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Stephan M. Hübner idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-frankfurt.de

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