Kornkäfer und Totenuhr: Keine Insekten des Jahres

Sie folgte auf das wohl bekannteste und beliebteste Insekt unserer Breiten, den Siebenpunkt-Marienkäfer, Insekt des Jahres 2006. Doch Insekten können auch anders. Der Hausbock, die Totenuhr oder der Kornkäfer würden es kaum auf die Liste schaffen. Denn wie im Krimi oder im Western gibt es neben den Lichtgestalten auch die Bösewichte. Und wie so häufig ist deren Leben mindestens genauso interessant. Der ForschungsReport, das Wissenschaftsmagazin des Senats der Bundesforschungsanstalten, widmet in seiner neuesten Ausgabe zwei Beiträge diesen „Antihelden“.

Wer hat es nicht schon selbst erlebt? Im frischen Getreide aus dem Reformhaus wimmelt es, in der Reispackung kleben die Körner mit Spinnfäden aneinander und Nüsse weisen, noch bevor sie die Münder der Menschen erreichen, verdächtige Fraßspuren auf. Kornkäfer, Dörrobstmotten und andere Vorratsschädlinge gehören zu den Ekel-Tieren schlechthin, mag ihre Lebens- und Überlebensweise noch so interessant sein. Wissenschaftler des Instituts für Vorratsschutz der Biologischen Bundesanstalt für Land- und Forstwirtschaft (BBA) in Berlin wissen, was zu tun ist: Sie entwickeln biologische Methoden für die Bekämpfung der Schädlinge, optimieren physikalische Verfahren wie Hitze- oder Kältebehandlungen und befassen sich mit hygienischen und lagertechnischen Aspekten. Leitbild beim Umgang mit Vorratsschädlingen ist heute der integrierte Vorratsschutz – eine Kombination von Verfahren, bei denen physikalische, biologische, verpackungsschützende und andere Maßnahmen der Vorrang vor chemischen Mitteln gegeben wird. In dem Artikel „Vorratsschutz und Lebensmittelqualität“ beschreiben Professor Christoph Reichmuth und Dr. Garnet Kroos neue Ansätze und informieren über die aktuellen gesetzlichen Regelungen, die sich vom landwirtschaftlichen Betrieb über die Verarbeitung bis zum Einzelhandel und zum Verbraucher erstrecken.

Ähnlich wie bei Vorratsschädlingen handelt es sich auch bei holzzerstörenden Insekten um so genannte Kulturfolger. Ursprünglich Wald- bzw. Forstinsekten, haben sie ihren Lebensraum auf Gebäude und verarbeitete Holzobjekte ausgeweitet und sich damit eine „ökologische Nische“ geschaffen, in der der Feinddruck geringer ist als im Freiland. Integrierte Bekämpfungskonzepte sind hier erst in den letzten Jahren entwickelt worden. Maßgeblich daran beteiligt waren Experten der Bundesforschungsanstalt für Forst- und Holzwirtschaft (BFH) in Hamburg. Dr. Uwe Noldt gibt in seinem Beitrag über holzzerstörende Insekten einen Überblick über die wichtigsten Schädlinge wie Hausbock, Totenuhr oder Möbelkäfer und stellt verschiedene Überwachungs- und Bekämpfungsmaßnahmen vor. Seit Ende der 1990er Jahre kontrolliert das BFH-Institut für Holzbiologie und Holzschutz regelmäßig den Insektenbefall in historischen Gebäuden und Freilichtmuseen, einerseits, um wertvolle Kulturdenkmale vor dem Verfall zu schützen und andererseits, um dadurch wissenschaftlich wichtige Daten zur Lebensweise und dem Entwicklungszyklus der Schädlinge zu gewinnen. Noldts Expertise ist mittlerweile auch im Ausland gefragt. Zu den spektakulärsten Bekämpfungsaktionen unter seiner Fachaufsicht gehörten eine Heißluft-Entwesung im Dachstuhl des Aachener Doms und die Behandlung ganzer Fachwerkhäuser und Windmühlen im Westfälischen Freilichtmuseum Detmold. Ähnlich wie bei einer Kunstaktion von Christo wurden hier die Bauwerke zur Gänze verpackt, um dem massiven Insektenbefall mittels Heißluft oder Gasen beizukommen.

Die beiden reich bebilderten Beiträge über Vorratsschutz und über Holzschädlinge geben einen faszinierenden Einblick in eine Welt, über die man am liebsten nur liest, statt sie unmittelbar zu erleben. Die 56-seitige Ausgabe des ForschungsReports, in dem es auch um Lebensmittelqualität, Tierhaltung sowie Fischereiforschung geht, kann kostenlos bezogen werden über die Geschäftsstelle des Senats der Bundesforschungsanstalten, Bundesallee 50, 38116 Braunschweig. E-mail: michael.welling@fal.de, Tel.: 0531 / 596-1016.

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Dr. Michael Welling Senat Bundesforschungsanstalten

Weitere Informationen:

http://www.bmelv-forschung.de

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