Malaria-Erreger aushungern

Neue selektive Hemmstoffklasse legt essenzielle Plasmodien-Enzyme lahm

Die gefährlichste Variante des Malaria-Erregers, Plasmodum falciparum, infiziert jährlich 300 bis 600 Millionen Menschen. Die Suche nach neuen, wirksameren Therapien ist daher ein drängendes Forschungsgebiet. Ein internationales Team um François Diederich hat nun einen neuen Ansatzpunkt gefunden. Mit einer neuartigen Hemmstoffklasse wollen die Wissenschaftler bestimmte Enzyme der Plasmodien blockieren, die so genannten Plasmepsine, und die Malaria-Erreger auf diese Weise regelrecht „aushungern“.

Plasmepsine gehören zur Enzymfamilie der Aspartylproteasen. Sie bauen menschliches Hämoglobin ab, um die Plasmodien mit den für ihr Wachstum benötigten Aminosäuren zu beliefern. Wichtig bei der Entwicklung eines passenden Hemmstoffs ist, dass dieser alle Plasmodien-Plasmepsine blockiert, sich gegenüber menschlichen Aspartylproteasen aber inaktiv verhält.

Das Team aus Wissenschaftlern von der ETH Zürich, der University of Victoria (Kanada), der Washington University (USA) sowie von Actelion Pharmaceuticals in Allschwil (Schweiz) ging von der bereits bekannten räumlichen Struktur eines der Plamepsine, Plasmepsin II, aus. Bei diesem Enzym entsteht durch Öffnen einer Peptidschleife eine Art Tasche, die als geeigneter Angriffspunkt für einen Hemmstoff erschien. Ausgehend von Computersimulationen gelang es den Forschern, eine Molekülklasse zu entwerfen, die gut in diese Schleifentasche hinein passt. Zentrales Bauelement ist ein bicyclisches Diamingerüst: Ein Kohlenstoff-Sechsring, bei dem zwei gegenüberliegende Kohlenstoffatome zusätzlich verbrückt sind über das Stickstoffatom einer Aminogruppe. Eine weitere Aminogruppe ist an ein benachbartes Kohlenstoffatom gebunden. Wie eine Klammer nimmt das Diamingerüst die „katalytische Diade“ (die beiden katalytisch wirksamen Aspartatgruppen) des Plasmepsins in die Zange. Eine zusätzliche Seitengruppe passt sich in eine weitere, benachbarte Tasche (S1/S3-Tasche) des Enzyms ein.

Enzymtests wiesen den Weg zu den wirksamsten Molekülvarianten. Wie sich zeigte, blockieren diese nicht nur das Plamepsin II, für dessen Struktur sie maßgeschneidert worden waren: Die beiden Plasmodien-Plasmepsine I und IV werden sogar noch stärker gehemmt. Offenbar sind diese Enzyme sehr ähnlich gebaut. Menschliche Aspartylproteasen scheinen dagegen eine andere räumliche Struktur zu haben, denn sie werden nicht beeinträchtigt. In Zellkulturen plasmodieninfizierter roter Blutkörperchen konnten die neuen Hemmstoffe das Wachstum der Parasiten hemmen. „Derzeit versuchen wir, die Aktivität der Hemmstoffe weiter zu verbessern,“ sagt Diederich, „mit dem Ziel, eine neue Klasse von Antimalaria-Wirkstoffen zu entwickeln.“

Autor: François Diederich, ETH Zürich (Switzerland), http://www.diederich.chem.ethz.ch/
Angewandte Chemie: Presseinfo 11/2006
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Dr. Renate Hoer idw

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