Ameisen sind doch die besseren Autofahrer!

Gibt es in der Natur Verkehrsprobleme oder hat die Evolution Wege gefunden, Staus zu vermeiden? Dieser Frage ist der Kölner Physiker Prof. Andreas Schadschneider vom Institut für Theoretische Physik und dem Institut für Didaktik der Physik gemeinsam mit seinem Mitarbeiter Dr. Alexander John und Kollegen aus Indien und Japan nachgegangen.

Die Ergebnisse ihrer Untersuchungen haben sie nun in der Fachzeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht.

Ameisen bilden ein Straßennetzwerk, das in vielerlei Hinsicht menschlichen Autobahnen gleicht. Dabei benutzen sie eine spezielle Form der Kommunikation, die sog. Chemotaxis, bei der sie ihren Weg mit Hilfe von chemischen Substanzen (Pheromonen) markieren. Im Rahmen seiner Doktorarbeit hat Alexander John mehrere Monate in Indien verbracht, um in einer Feldstudie das Verkehrsverhalten einer speziellen Spezies zu untersuchen, bei der diese Ähnlichkeiten besonders groß sind.

Anhand von Videoaufnahmen wurde der Ameisenverkehr mit Hilfe von Zählschleifen analysiert, einer Methode, die auch auf Autobahnen angewandt wird. Dabei zeigten sich überraschende Aspekte. So wurden beispielsweise keinerlei Überholvorgänge beobachtet. Trifft eine schnellere Ameise auf eine langsamere, so nimmt sie vielmehr deren Geschwindigkeit an. Auf diese Weise entstehen Kolonnen, in denen sich die Ameisen quasi im Gleichschritt bewegen. Diese Kolonnenbildung hat eine weitere wichtige Konsequenz: Auf Ameisenstrassen gibt es keine Staus! Anders als auf unseren Strassen nimmt die mittlere Geschwindigkeit der Ameisen mit zunehmender Verkehrsdichte praktisch nicht ab. Dies kennen wir von unseren Autobahnen leider nicht: Je mehr Autos sich dort bewegen, umso langsamer kommt man voran.

Woran liegt nun dieses ungewöhnliche Verhalten? Zum Einen spielt die Tatsache eine wichtige Rolle, dass alle Ameisen identisches Verhalten zeigen. Es gibt keine Raser oder, zumindest in dem untersuchten Fall, auch keine schwerbeladenen LKWs. Zum Anderen sind Ameisen, ganz im Gegensatz zu Autofahrern, nicht egoistisch. Im Vordergrund stehen nur die Interessen der gesamten Kolonie, nicht das eigene schnelle Vorankommen. Offensichtlich bringt diese Rücksichtnahme Vorteile für alle – eine Erkenntnis, von der nicht nur Autofahrer lernen können!

Weitere Informationen: Prof. Dr. Andreas Schadschneider, Institut für Theoretische Physik und Institut für Didaktik der Physik der Universität zu Köln, Tel.: 0221-470 4312, E-Mail: as@thp.uni-koeln.de

Verantwortlich: Dr. Meike Hauser

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Gabriele Rutzen idw

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