20.000 Liter Meerwasser für ein Gasaustausch-Experiment am Heidelberger Aeolotron

In einem Experiment mit 20.000 Litern Meerwasser gehen Wissenschaftler der Universität Heidelberg gemeinsam mit Experten weiterer Forschungseinrichtungen der Frage nach, inwieweit natürliche, biologisch produzierte Oberflächenfilme den Austausch von Wärme, Gasen und flüchtigen Stoffen zwischen der Atmosphäre und den Weltmeeren beeinflussen.

Ziel ist es, diese Effekte zu quantifizieren. Zudem wollen die Forscher herausfinden, in welchem Ausmaß sich organische Substanzen, die sich an der Wasseroberfläche anreichern, in Schwebeteilchen in der Luft wiederfinden lassen.

Diese sogenannten Aerosole werden durch brechende Wellen und an der Wasseroberfläche platzende Blasen erzeugt. Die Untersuchungen, die in dieser Form bislang einmalig sind, werden noch bis zum 28. November 2014 im Heidelberger Aeolotron, dem großen ringförmigen Wind-Wellen-Kanal des Instituts für Umweltphysik, durchgeführt.

Mehr als zwei Drittel der Oberfläche unseres Planeten sind mit Wasser bedeckt. An der Grenzfläche zwischen den beiden wichtigen Teilen des Systems Erde – den Ozeanen und der Atmosphäre – spielen Austauschprozesse eine bedeutende Rolle.

Sie bestimmen, in welchem Umfang Wärme, Gase und flüchtige Stoffe durch die Ozeanoberfläche transportiert werden und wie stark der Wind die Ozeanströmungen anschiebt. Die sogenannten viskosen Grenzschichten auf beiden Seiten der Wasseroberfläche sind noch nicht einmal einen Millimeter „dick“.

Dort dominieren langsame molekulare Transportprozesse. Sie bilden damit „einen Flaschenhals“ für den Austausch zwischen Luft und Wasser, so Prof. Dr. Bernd Jähne vom Institut für Umweltphysik, der das Experiment gemeinsam mit Dr. Kerstin Krall leitet.

Nach Angaben von Prof. Jähne wird die Dicke dieser Grenzschichten und damit die Schnelligkeit des Transports durch diejenigen Umweltparameter beeinflusst, die oberflächennahe Turbulenz generieren oder unterdrücken. Dazu gehören unter anderem der Wind, das Wellenfeld und die Anreicherung von oberflächenaktiven Substanzen an der Wasseroberfläche.

„Die genauen Zusammenhänge zwischen diesen Parametern und der Transportgeschwindigkeit sind bis heute unklar“, so der Heidelberger Wissenschaftler. „Wenn wir die Austauschprozesse zu verstehen lernen, können wie sie besser parametrisieren und damit die globalen Stoffkreisläufe exakter modellieren“, sagt Prof. Jähne, der auch das Heidelberg Collaboratory for Image Processing am Interdisziplinären Zentrum für Wissenschaftliches Rechnen leitet. Das Experiment am Heidelberger Aeolotron soll dazu nun neue Erkenntnisse bringen, insbesondere zum Austausch von klima- und umweltrelevanten Gasen.

An den interdisziplinären Untersuchungen wirken neben den Umweltphysikern und den Experten für Bildverarbeitung aus Heidelberg auch Chemiker, Meeresbiologen und Ozeanographen mit. Beteiligt sind Forscher aus Kiel, Leipzig, Lyon, Mainz, Manchester, Oldenburg und Warnemünde. Sie führen unter anderem optische Wellenmessungen durch, untersuchen mit Wärmebildkameras den Austausch von Wärme und erfassen die Turbulenz an der Wasseroberfläche.

Darüber hinaus soll die Transportgeschwindigkeit von zwanzig umweltrelevanten Spurengasen und flüchtigen Stoffen gemessen werden. Weitere Analysen oder Messungen betreffen die chemische Zusammensetzung der Oberflächenfilme, die biologische Aktivität des Wassers und die Aerosole. Das für dieses Experiment notwendige Meerwasser wurde von dem Forschungsschiff „Poseidon“ aus 50 Metern Tiefe im Nordatlantik gesammelt und anschließend in einem Tanklastzug nach Heidelberg transportiert, wo es in Tanks im Kellergeschoss des Instituts für Umweltphysik zwischengelagert wurde.

Die Forschungsarbeiten werden im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Verbundprojekts „Surface Ocean Processes in the Anthropocene“ (SOPRAN) durchgeführt.

Informationen im Internet:
http://sopran.pangaea.de

Ein Video des Heidelberger Aeolotron ist zu finden unter: http://youtu.be/UN0WLx9Ow9Q

Kontakt:
Prof. Dr. Bernd Jähne
Heidelberg Collaboratory for Image Processing
Telefon (06221) 54-8827
bernd.jaehne@iwr.uni-heidelberg.de

Dr. Kerstin Krall
Institut für Umweltphysik
Telefon (06221) 54-6628
kerstin.krall@iup.uni-heidelberg.de

Kommunikation und Marketing
Pressestelle, Telefon (06221) 54-2311
presse@rektorat.uni-heidelberg.de

Media Contact

Marietta Fuhrmann-Koch idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Wolken bedecken die Nachtseite des heißen Exoplaneten WASP-43b

Ein Forschungsteam, darunter Forschende des MPIA, hat mit Hilfe des Weltraumteleskops James Webb eine Temperaturkarte des heißen Gasriesen-Exoplaneten WASP-43b erstellt. Der nahe gelegene Mutterstern beleuchtet ständig eine Hälfte des Planeten…

Neuer Regulator des Essverhaltens identifiziert

Möglicher Ansatz zur Behandlung von Übergewicht… Die rapide ansteigende Zahl von Personen mit Übergewicht oder Adipositas stellt weltweit ein gravierendes medizinisches Problem dar. Neben dem sich verändernden Lebensstil der Menschen…

Maschinelles Lernen optimiert Experimente mit dem Hochleistungslaser

Ein Team von internationalen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Lawrence Livermore National Laboratory (LLNL), des Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik ILT und der Extreme Light Infrastructure (ELI) hat gemeinsam ein Experiment zur Optimierung…

Partner & Förderer