Teure Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen

Für jeden Franken, der für Forschung ausgegeben wurde, flossen zusätzlich 1.26 Franken in Schutz- und Biosicherheitsmassnahmen sowie in die behördliche Begleitung und Überwachung der Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen an den Standorten Reckenholz und Pully. Zu diesem Schluss kommt eine Untersuchung des Nationalen Forschungsprogramms «Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen» (NFP 59).

Vom Moratorium für den kommerziellen Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen (GVP), welches kürzlich bis auf Ende 2013 verlängert wurde, ist die Forschung ausgenommen: Sie soll in dieser Zeit Erkenntnisse zu Nutzen und Risiken solcher Pflanzen gewinnen und diese der Politik als Entscheidungsgrundlagen zur Verfügung stellen. Als Teil dieser Bemühungen fanden – im Rahmen des Nationalen Forschungsprogramms «Nutzen und Risiken der Freisetzung gentechnisch veränderter Pflanzen» (NFP 59) – in Reckenholz (ZH) und Pully (VD) Freilandversuche mit gentechnisch verändertem Weizen statt. Untersucht wurde, ob die im Labor festgestellte Resistenz dieser Pflanzen gegen die Pilzerkrankung Mehltau auch im Freiland besteht und welche Auswirkungen die Pflanzen auf die Umwelt haben.

Nun hat ein Team um Thomas Bernauer von der ETH Zürich die Kosten dieser Versuche unter die Lupe genommen. Die Resultate der Untersuchung sind soeben in der Fachzeitschrift «Transgenic Research» erschienen (*).

Hohe Zusatzkosten
Die Kosten, die zusätzlich zur reinen Forschungstätigkeit anfielen, definiert Bernauer als Mass für die Erschwerung der Forschungstätigkeit durch Opposition und staatliche Regulierung. Kostentreibend waren insbesondere der Schutz der Versuchsfelder vor Gewalteinwirkung, Massnahmen zur Vorbeugung von Auswirkungen des gentechnisch veränderten Weizens auf die Umwelt (Biosicherheit), sowie die behördliche Begleitung und Überwachung der Feldversuche.

Die Zusatzkosten – so zeigt die Untersuchung – übersteigen die Kosten für die Forschungstätigkeit im engeren Sinn deutlich: Für jeden in die Forschung investierten Franken wurden zusätzlich 78 Rappen in den Schutz vor Vandalismus, 31 Rappen für die Biosicherheit und 17 Rappen für die behördliche Begleitung und Aufsicht aufgewendet.

Einrichtung von «protected sites»
Ganz bewusst befasste sich das Team nicht mit der Frage, ob und in welchem Ausmass diese zusätzlichen Kosten sinnvoll und vertretbar sind. Solche normativen Bewertungen müsse das politische Entscheidungssystem der Schweiz vornehmen, sagt Bernauer. Hingegen weist die Studie auf Möglichkeiten hin, wie die Zusatzkosten zu senken wären: Weil der Löwenanteil der finanziellen Aufwendungen auf den Schutz der Versuchsfelder vor Vandalismus zurückzuführen ist, bietet sich zum Beispiel die Einrichtung von so genannten «protected sites» an – also permanenten, gut geschützten Versuchsfeldern. Diese erfordern anfangs zwar eine beträchtliche Investition, machen danach aber Freilandversuche wesentlich kostengünstiger.

«Ohne Kostenreduktionen lassen sich in Zukunft in der Schweiz wahrscheinlich keine Freilandversuche mehr durchführen», sagt Bernauer. Weil momentan eine breite Palette von Pflanzen mit verschiedensten Eigenschaften in Entwicklung seien, müsse sich die Politik aber sorgfältig überlegen, was es bedeute, diese neuen Pflanzen nicht in der Schweiz testen zu können.

(*) Government regulation and public opposition create high additional costs for field trials with GM crops in Switzerland Transgenic Research, doi: 10.1007/s.11248-011-9486-x

(als PDF beim SNF erhältlich; E-Mail: pri@snf.ch)

Kontakt:
Prof. Thomas Bernauer
Zentrum für Vergleichende und Internationale Studien und
Institut für Umweltentscheidungen
ETH Zürich
Haldeneggsteig 4
8092 Zürich
Tel.: ++41 79 770 49 16
E-Mail: thbe0520@ethz.ch
Nationales Forschungsprogramm «Nutzen und Risiken der Freiset-zung gentechnisch veränderter Pflanzen» (NFP 59)
Im Rahmen des NFP 59 untersuchen Forschende in insgesamt 29 For-schungsprojekten die Nutzen und Risiken gentechnisch veränderter Pflanzen in Bezug auf die ökologischen, sozialen, ökonomischen, rechtlichen und politischen Verhältnisse in der Schweiz. Die Projekte starteten in der zweiten Jahreshälfte 2007 und schliessen bis Ende 2011 ab. Die Gesamtsynthese des Forschungsprogramms wird in der zweiten Jahreshälfte 2012 vorliegen.

www.nfp59.ch

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