Optimierte Magnete für die Energiewende

Darstellung einer Einheitszelle, die durch ein komplexes Legierungsdesign zusammen mit den entsprechenden magnetischen Eigenschaften entworfen wurde.
Bild: Tianyi You

Europäischer Innovationsrat fördert europaweites Projekt unter Leitung der TU Darmstadt.

Magnete sind Schlüsselmaterialien für die Energiewende. Oft bestehen sie jedoch aus kritischen Rohstoffen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter der Leitung der TU Darmstadt forschen nun im Rahmen des Projekts „CoCoMag“ an alternativen magnetischen Materialien. Der Europäische Innovationsrat (EIC) fördert das Vorhaben mit drei Millionen Euro.

Fossile Brennstoffe werden immer mehr durch Strom aus Sonne, Wind und Wasser ersetzt. Eine ausreichende Menge erneuerbarer Energie ist jedoch nur der Ausgangspunkt für die Klimaneutralität. Ein echter Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft ist nur mit der Elektrifizierung unserer Infrastruktur möglich, die in hohem Maße von optimierten und kostengünstigen magnetischen Materialien abhängt – etwa bei der Nutzung von Windkraftanlagen, Elektromobilität oder auch bei der magnetischen Kühlung als Alternative zur konventionellen Gaskompressionskühlung.

Die besten Magnete werden bisher unter Nutzung von Seltenen Erden und damit auf absehbare Zeit begrenzt verfügbaren Rohstoffen hergestellt. Dabei ist die Europäische Union bei 14 von 27 entscheidenden Rohstoffen zu 100 Prozent von ausländischen Lieferanten abhängig. Der Europäische Innovationsrat unterstützt nun ein europaweites Forschungsprojekt zu neuen magnetischen Materialien, die ohne diese kritischen Rohstoffe auskommen. So werden wirtschaftliche Abhängigkeiten vermieden und die Herstellung von Magneten wird kostengünstiger, da nur gut verfügbare Rohstoffe genutzt werden.

Bessere Magnete unabhängig von Seltenen Erden und Kobalt

„Ziel des Projekts ist die Synthese, Herstellung und Erprobung neuer Legierungen, die sich für Dauermagnete und magnetokalorische Anwendungen eignen, ohne dass Seltene Erden und Kobalt verwendet werden“, erklärt Oliver Gutfleisch, Professor für Funktionswerkstoffe am Fachbereich Material- und Geowissenschaften der Technischen Universität Darmstadt und Koordinator des neuen Projekts. „Dieser Schritt ist entscheidend, um die Elektrifizierung unserer Infrastrukturen zu beschleunigen.“

Herkömmliche Legierungen bestehen traditionell aus ein bis zwei Hauptelementen und mehreren anderen Elementen in geringen Mengen. Das Forschungsteam hat nun ein neues Designkonzept für Magnete entwickelt: „Unsere Legierungen bestehen aus mehreren Hauptelementen in relativ hohen Konzentrationen, im Fachjargon als Hochentropielegierungen bezeichnet. Dadurch können die Eigenschaften der einzelnen Elemente voll ausgenutzt werden, wodurch die neuen Magnete nicht nur nachhaltiger, sondern auch besser formbar und korrosionsbeständig sein werden“, sagt Dr. Liuliu Han, Projektleiter am Max-Planck-Institut für Eisenforschung, welches auch Projektpartner ist.

Hintergrund: Projekt CoCoMag
Das Projekt CoCoMag (Multi-property Compositionally Complex Magnets for Advanced Energy Applications) wird von der EU-Förderlinie „Pathfinder Open“ unterstützt, mit der radikal neue Technologien identifiziert werden sollen, die das Potenzial haben, ganz neue Märkte zu schaffen. Dazu werden visionäre und risikoreiche Projekte in einem frühen Entwicklungsstadium gefördert.
An CoCoMag sind neben der TU Darmstadt und dem Düsseldorfer Max-Planck-Institut für Eisenforschung (MPIE) auch die Chalmers University of Technologies (Schweden), die Donau-Universität Krems (Österreich) und die Universität Sevilla (Spanien) sowie Unternehmen aus Deutschland (MagnoTherm Solutions GmbH, eine Ausgründung der TU Darmstadt), Italien (New Ideas 4.0) und Griechenland (AMEN New Technologies) beteiligt. Das jetzt bewilligte Projekt ebnet den Weg für einen bahnbrechenden Wandel in den Bereichen Elektromobilität und Kühlung, die derzeit auf Seltene Erden und Kobalt angewiesen sind. Neue innovative Magnete, die aus komplex zusammengesetzten Legierungen hergestellt werden, werden kostengünstiger sein, den ökologischen Fußabdruck verringern und die notwendigen Eigenschaften optimieren.

Fachgebiet Funktionale Materialien
Die internationale Gruppe Funktional Materials unter der Leitung von Professor Oliver Gutfleisch an der Technischen Universität Darmstadt betreibt Grundlagen- und angewandte Materialforschung in den Bereichen Energieumwandlung, Mobilität, Kühlung, Medizin und Robotik sowie Wasserstoffverflüssigung und -speicherung. Der Schwerpunkt liegt auf fortschrittlichen nanostrukturierten magnetischen Materialien, die auf allen Längenskalen vom Atom bis zum Bauteil analysiert und modelliert werden.

Über die TU Darmstadt
Die TU Darmstadt zählt zu den führenden Technischen Universitäten in Deutschland und steht für exzellente und relevante Wissenschaft. Globale Transformationen – von der Energiewende über Industrie 4.0 bis zur Künstlichen Intelligenz – gestaltet die TU Darmstadt durch herausragende Erkenntnisse und zukunftsweisende Studienangebote entscheidend mit.
Ihre Spitzenforschung bündelt die TU Darmstadt in drei Feldern: Energy and Environment, Information and Intelligence, Matter and Materials. Ihre problemzentrierte Interdisziplinarität und der produktive Austausch mit Gesellschaft, Wirtschaft und Politik erzeugen Fortschritte für eine weltweit nachhaltige Entwicklung.
Seit ihrer Gründung 1877 zählt die TU Darmstadt zu den am stärksten international geprägten Universitäten in Deutschland; als Europäische Technische Universität baut sie in der Allianz Unite! einen transeuropäischen Campus auf. Mit ihren Partnern der Rhein-Main-Universitäten – der Goethe-Universität Frankfurt und der Johannes Gutenberg-Universität Mainz – entwickelt sie die Metropolregion Frankfurt-Rhein-Main als global attraktiven Wissenschaftsraum weiter.
www.tu-darmstadt.de

MI-Nr. 23/2023

Wissenschaftliche Ansprechpartner:

Professor Oliver Gutfleisch
Fachgebiet Funktionale Materialien
Fachbereich Material- und Geowissenschaften
E-Mail: oliver.gutfleisch@tu-darmstadt.de

https://www.tu-darmstadt.de/universitaet/aktuelles_meldungen/einzelansicht_410560.de.jsp

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Claudia Staub Science Communication Centre - Abteilung Kommunikation
Technische Universität Darmstadt

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