Viehzucht-Antibiotika machen Menschen resistent

Infektionen im Harnweg sind immer schwerer zu behandeln, da Patienten zunehmend resistent gegenüber den geläufigen Antibiotika sind. Zuspitzen dürfte sich dieses Problem durch den übermäßigen Gebrauch von Antibiotika in der Viehzucht, berichten Wissenschaftler der Universität Hong Kong. Im „Journal of Medical Microbiology“ liefern sie Hinweise dafür, dass resistente tierische Gene auf den Menschen übertragen werden.

Resistenz im Fleisch mitgegessen

Für die aktuelle Studie analysierten die Forscher 250 Stuhlproben von Menschen sowie von Tieren der Nahrungsmittelerzeugung. Speziell suchten sie nach einem Gen namens aacC2. Dieses macht den wichtigsten Harnwegsinfekt-Verursacher, das Escherichia coli-Bakterium, resistent gegenüber dem Antibiotikum Gentamicin. Fündig wurden sie bei vier Fünftel sowohl der menschlichen als auch der tierischen Proben. Die Verortung des Gens auf der DNA lässt darauf schließen, dass es zwischen getrennten Bakterienpopulationen in verschiedenen Spezies übertragen werden kann.

Laut Studienleiter Pak-Leung Ho gelangen die resistenten Gene über die Nahrungskette, durch direkten Kontakt oder durch verschmutztes Wasser vom Tier in den Menschendarm. „Wenn die Resistenz-Gene in die Bakterien gelangen, die Infektionen beim Menschen auslösen, erschwert das die Behandlung von Erkrankungen noch zusätzlich“, so der Forscher. Die Datenlage über das Kontaktrisiko des Menschen für tierische Bakterien mit Antibiotikaresistenz sei bisher noch schlecht. Da Fleisch und Nahrungstiere weltweit gehandelt werden, sei deren schnelle globale Ausbreitung jedoch gut denkbar.

Zu viel Antibiotika im Tierfutter

„Genau wie beim Mensch ist auch bei Tieren die Antibiotika-Resistenz ein großes Problem“, erklärt der Infektiologe Wolfgang Graninger vom AKH Wien im pressetext-Interview. Das sei verständlich, verwendet man doch in der Tierzucht ungleich größere Mengen des Wirkstoffs als in der Medizin. Dass diese Resistenzen von Tieren auf den Menschen übertragen werden, sei sehr wahrscheinlich, wenngleich wenig erforscht. „Sicher weiß man das etwa bei resistenten Campylobakter-Durchfallkeimen, die praktisch in jedem Huhn vorkommen“, so der Experte.

Den bisher wichtigsten Nachweis für die Übertragung von Resistenzen lieferte Lee W. Riley von der Universität Berkeley 2005 im „Journal of Clinical Microbiology“. Er zeigte, dass Harnwegsinfekte bei Frauen aus verschiedenen US-Staaten auf denselben resistenten Escherichia coli-Stamm zurückgehen. Herkunftsort des Stammes waren Rindermägen. „Es ist natürlich unangenehm, wenn man sich durch einen McDonalds-Besuch eine Antibiotikaresistenz einhandelt“, so Graninger. Davor schützen könne man sich nicht, daher wertet der Mediziner das Phänomen als „Fluch der Nahrungskonzerne“.

Behandlung immer schwieriger

Harnwegsinfekte ziehen vor allem Frauen in Mitleidenschaft. Aufgrund der kurzen Harnröhre gelangen Darmbakterien bei diesen viel leichter in die Blase als bei Männern. Dass Resistenzen in der Behandlung immer häufiger werden, bestätigt Walter Albrecht, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Urologie http://www.uro.at . „Landläufig erklärt man das bisher durch die Antibiotika, die Patienten wegen anderen Erkrankungen zu sich nehmen. Somit müssen stets neue Medikamente gegen Infektionen gefunden werden“, so der Urologe gegenüber pressetext.

Originalartikel unter http://jmm.sgmjournals.org/cgi/content/full/59/6/702
Artikel von Riley (2005) unter http://www.journals.uchicago.edu/doi/pdf/10.1086/426819

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Johannes Pernsteiner pressetext.austria

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