Tabus lüften und Schweigen brechen

Die Ergebnisse der Analyse von Online-Diskursen liegen jetzt vor. Eine ägyptische Kulturwissenschaftlerin und Internetforscherin lehrt nun auch zu diesem Thema Anfang November an der AAU.

„In real life I’m a Saudi guy living in Saudi Arabia. But online I’m multinational, I’m multigeographical”, schreibt ein 26-jähriger Netzakteur aus Saudi Arabien. Aussagen wie diese stehen für die sozialen Bewegungen, die sich in den digitalen Medien in den letzten Jahren formiert haben und zu den zahlreichen politischen Veränderungen und Revolutionen in der Region geführt oder beigetragen haben.

Unter der Leitung von Christina Schachtner haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am Institut für Medien- und Kommunikationswissenschaft Online-Diskurse in den digitalen Medien analysiert. „Wir haben uns gefragt, inwiefern sich in arabischen Netzwerken Öffentlichkeiten als soziale Bewegungen entwickeln, die eine geteilte politische Meinung wirksam zur Geltung bringen und welche Rolle dabei digitale Medien spielen“, so Schachtner.

Die Ergebnisse zeigen, dass die digitalen Medien zwar allen offen stehen, doch die Nutzung bestimmte Ressourcen sowie Sprach- und Kommunikationskompetenz braucht: So sind es vor allem junge Erwachsene im Alter zwischen 20 und 30 Jahren aus bildungsnahen Schichten, die als NetzaktivistInnen wirken. Basis für deren Handeln ist Betroffenheit, wie die Aussage einer 23-jährigen Netzakteurin aus den Vereinigten Arabischen Emiraten illustriert:

„We wanted people to know ‚look, we’re the youth in the Middle East (…). We have the voice and we want it to be heard.” In den Online-Diskursen finden sich sowohl Kritik, Visionen als auch Lösungsstrategien. Die Kritik wurde dabei für die politischen Machthaber bedrohlich, wie die ägyptische Kulturwissenschaftlerin Ghada Alakhdar ausführt: „Sensing the significance of social media, the internet was completely cut-off for a couple of days to control the revolution.“ Dies ist unter anderem ein Beweis für die Wirksamkeit des Online-Diskurses: Schließlich führten zahlreiche der in der Netzöffentlichkeit diskutierten Ideen zu realweltlichen politischen Konsequenzen.

Die NetzaktivistInnen sind laut den Ergebnissen meist weltoffen, agieren an der Schnittstelle zwischen Öffentlichkeit und Privatheit und nutzen den virtuellen Raum für die Reflexion von Wahrnehmungen und Positionen. Viele von ihnen sind weiblich. Für Christina Schachtner ist dies kein Zufall, „dass arabische Frauen, die sich in der Öffentlichkeit offline oft nicht frei bewegen können, in den diskursiven politischen Online-Arenen stark vertreten sind, nicht selten eine führende Rolle einnehmen und alle Möglichkeiten der digitalen Kommunikation nutzen.“

Media Contact

Dr. Romy Müller idw

Weitere Informationen:

http://www.aau.at/

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