Heizen mit Abfällen aus Lack und Kunststoff

Pilotanlage zur energetischen Nutzung feinkörniger Produktionsreststoffe in Gerstungen.<br>© Fraunhofer IFF<br>

Sollen Autoteile und andere Gegenstände lackiert werden, benötigt man sehr viel Lack – und erhält am Ende viel Abfall: Denn nur ein Bruchteil der Farbe landet auf der Autokarosserie, der Rest geht daneben und wird abgesaugt.

Diese Restfarbe wiederzuverwerten hat Grenzen: Mischen die Lackierer zu viel »recycelte« Farbe unter, leidet die Qualität der Lackierung. Die Unternehmen entsorgen daher den überwiegenden Teil des Lacks – ein teures Unterfangen. Ähnlich ist es bei Schleifprozessen: Auch hier fallen viele Reststoffe an, für dessen Entsorgung die Betriebe tief in die Tasche greifen müssen.

Künftig können sich Industriebetriebe solche Entsorgungskosten sparen und zudem die Heizkosten für Räume, Trockenkammern und viele weitere Hochtemperaturprozesse senken. Möglich macht das eine Anlage, die Forscher vom Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF in Magdeburg in Kooperation mit einem Industriepartner entwickelt haben.
»Mit der von uns entwickelten Anlage können wir alle brennbaren pulverförmigen Industrieabfälle thermisch verwerten, seien es nun Lack-, Kunststoffpulver oder auch Holzbestandteile«, sagt Marcus Kögler, Verantwortlicher für das Projekt am IFF. »Das Einsparpotenzial ist groß: 25 Prozent des Erdgases, das üblicherweise zum Heizen verwendet wird, lassen sich so an einem Referenzstandort einsparen, und zudem 100 Prozent der Entsorgungskosten. Bei größeren Leistungen kann die Anlage sogar Strom erzeugen, der sich ins Netz einspeisen lässt.«

Brenner für geringe Entsorgungsmengen geeignet

Die Anlage besteht aus drei Grundeinheiten: Dem Staubbrenner, der Warmwasserbereitung und der Filteranlage. Der pulverförmige Abfall wird pneumatisch – also mit Druckluft – in den Brenner gefördert, dort gezielt verwirbelt, mit Luft in Kontakt gebracht und verbrannt. Wasser speichert die entstehende Wärme und heizt damit Räume oder Trockenkammern. Die Abgase, die bei der Verbrennung entstehen, werden abgesaugt und in der Filteranlage gereinigt. Der Staubbrenner ist etwa 50 Mal kleiner als herkömmliche Exemplare, er hat also nur etwa zwei Prozent der Leistung. Der Vorteil: Der Brenner lohnt sich daher auch für geringere Entsorgungsmengen, wie sie in kleinen und mittelständischen Betrieben anfallen.
»Um die Temperaturverteilungen und Strömungswege in diesem kleinen Brenner berechnen zu können, haben wir zunächst CFD-Simulationen (Computational Fluid Dynamics, englisch für numerische Strömungsmechanik) durchgeführt«, sagt Kögler. Diese Simulationen haben den Forschern zahlreiche Fragen beantwortet und ihnen somit geholfen, den Brenner zu entwickeln: Wie strömen die Pulverpartikel im Brenner? Wie verwirbelt man sie optimal? Wie erreicht man die niedrigsten Emissionswerte? In einem weiteren Schritt haben die Wissenschaftler die Einstellungen und Parameter des Brenners experimentell weiter optimiert.

Eine Pilotanlage läuft bereits bei der MBG Metallbeschichtung Gerstungen GmbH, sie spart ein Viertel des Erdgases ein. Die Firma hält ein Verfahrenspatent zur thermischen Verwertung von Restpulvern aus Beschichtungsanlagen, das im Zusammenhang mit diesem Projekt erteilt wurde. Die Forscher vom IFF haben die Pilotanlage speziell auf die Anforderungen des Unternehmens zugeschnitten. Je nachdem, welches Pulver in einem Betrieb anfällt, müssen die Forscher neue Anlagen jeweils an die Anforderungen anpassen. Sprich: Sie müssen die Feuerung des Staubbrenners für die jeweilige Partikelgröße auslegen und die Filteranlage so konzipieren, dass sie die jeweils entstehenden Abgase optimal aus der Luft herausfiltert. Mehr Informationen zur thermischen Reststoffverwertung, zur Flugstromfeuerung und der Pilotanlage geben die IFF-Experten vom 8. bis 12. April auf der Hannover Messe (Halle 2, Stand D18).

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