Wahrnehmen der Gefühle beruhigt

Eine sehr einfache Methode, mit negativen Gefühlen gut umzugehen, haben Forscher der Universität Zürich gefunden. In der Fachzeitschrift Neuroimage berichten sie, dass ein achtsames Wahrnehmen der Emotion zum schnellen Abreagieren verhelfen kann.

„Die Psychotherapie setzt die Gefühlswahrnehmung schon lange ein. Erst jetzt gelang aber der biologische Nachweis dafür, dass eine rein mentale Achtsamkeits-Intervention Emotionen abklingen lässt“, berichtet Studienleiter Uwe Herwig im pressetext-Interview. Nützlich sei dieses Wissen auch für den Alltag.

Vernunft hemmt Emotion

30 Freiwillige wurden von den Forschern mittels Magnetresonanz-Tomografie untersucht. Ihre Aufgabe lautete, sich eigene aktuelle Gefühle zu vergegenwärtigen („Wie fühle ich mich?“) oder über sich nachzudenken („Wer bin ich?“). In der Bildgebung zeigte sich eine Aktivierung der Mittellinien-Regionen des Stirnhirns. Besonders interessant war jedoch, dass bewußtes Achten auf die Gefühle die Aktivität der Mandelkern-Region im Gehirn deutlich senkte. Diese Region steuert die emotionale Erregung und ist umso aktiver, je intensiver Erregungen wie etwa Angst empfunden werden.

Dieser Zusammenhang ist für den Psychiater gut erklärbar. „Das Stirnhirn ist bei Vernunft aktiv und kann die Gefühle kontrollieren. Diese Region kann emotionale Areale des Gehirns und somit auch die Mandelkern-Aktivität hemmen.“ Somit werde die schnelle emotionale Verarbeitung reguliert und Überreaktion vermieden. „Selbstregulation durch den Einsatz der vorderen Hirnrinde kann als eine Errungenschaft der Evolution angesehen werden“, so Herwig.

Ausschalten nach dem Wecker-Prinzip

Damit sei ein einfacher Trick für den Umgang mit schwierigen Gefühlen gefunden. „Der Ratschlag ist, das Körpergefühl bewusst wahrzunehmen, welches Stress, Ärger oder Angst mit sich bringt. Denn der Körper gibt immer Signale für Gefühle, wie etwa ein Kribbeln im Bauch oder eine Beklemmung in der Brust.“ Mache man sich diese Empfindungen klar, könne man sich leichter von ihnen distanzieren – laut Herwig so wie bei einem Wecker, der dann mit dem Klingeln aufhören kann, sobald man ihn wahrnimmt und abstellt. „Ziel ist es, sachlich und besonnen statt emotional zu reagieren.“

Die innere Auseinandersetzung mit Gefühlen durch deren aktives Bewusstmachen kann man trainieren. „Teilweise geschieht das etwa schon in Management-Kursen, wobei Menschen dadurch belastbarer werden wollen. Auch Meditation und Yoga verwenden die Technik.“ Erschwert könne dieser Zugang allerdings bei psychischen Erkrankungen wie Depression und schweren Angststörungen sein. „Sind Gefühle zu stark, so kann deren bewusste Wahrnehmung auch zusätzlich belasten. Es empfiehlt sich, die Technik schon in Zeiten innerer Ausgeglichenheit zu üben, um sie bei Bedarf anwenden zu können.“

Media Contact

Johannes Pernsteiner pressetext.schweiz

Weitere Informationen:

http://www.uzh.ch

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