Was für eine Verschwendung! Jacobs-Forscher decken Schwachstellen in der Lebensmittellogistik auf

Als Fehlerquellen identifizierten sie vor allem mangelhafte Kommunikation und ungenügende organisatorische Verzahnung an den Schnittstellen beim Warentransport.

Braun verfärbte Bananen, gelblicher Brokkoli, matschige Erdbeeren – an der Gemüsetheke sind sie nicht gern gesehen. Schon geringe Temperaturschwankungen während des Transports reichen aus, um die Qualität von empfindlichen Frischeprodukten stark zu beeinträchtigen. Vom Käufer verschmäht landen sie dann auf der Müllkippe. Wie erschreckend hoch die Verschwendung wertvoller Nahrung durch Mängel in der Transport-Kühlkette sind, analysierten jetzt Michael Hülsmann, Jacobs Professor for Systems Management, und seine Doktorandin Verena Brenner: Jährlich werden mehr als ein Drittel der weltweit produzierten Frischwaren vernichtet, bevor sie den Verbraucher erreichen.

Um zu untersuchen, wie und wo die Produkte geschädigt werden, werteten die Jacobs-Forscher über 100 Literaturquellen aus. „Kritisch wird es immer an den Schnittstellen innerhalb der Transportkette“, sagt Verena Brenner, „wenn etwa auf dem Weg von der Ernte zum Supermarkt das Transportfahrzeug gewechselt werden muss.“ Beim Umladen, so die Wissenschaftlerin, sei das Produkt oft schädlichen Temperaturschwankungen ausgesetzt, da an vielen Umschlagplätzen die Kapazität an Klimavorrichtungen nicht ausreiche, um alle Waren vor Hitze oder allzu frostigen Temperaturen zu schützen.

„Verschärft wird das Problem dadurch, dass vielen Akteuren in der Transportkette überhaupt nicht bewusst ist, wie nachteilig sich bereits geringe Temperaturabweichungen auf die Waren auswirken“, so die Koautorin der Studie. Die Jacobs-Forscher fanden beispielsweise heraus, dass die Notwendigkeit einer Vorkühlung in Containern oder Lagerräumen oft unterschätzt wird. Die daraus resultierenden Verluste können erheblich sein. So kann etwa eine Kühlungsverzögerung von nur zwei Stunden bei der Erdbeerernte schon zu einem Verlust von zehn Prozent absatzfähiger Früchte führen.

Ein verbessertes Kühl-Management wirkt nicht nur Verschwendung und wirtschaftlichen Einbußen entgegen; es hätte auch positive Auswirkungen auf die Umwelt. „Jede verfaulende Lebensmitteleinheit setzt das 4,5-fache ihrer Menge an klimaschädlichem Kohlenstoffdioxid frei. Diese Emission könnte vermieden werden. Außerdem sinken Energie-, Wasser- und Kunstdüngerverbrauch, wenn aufgrund geringer Wegwerfquoten auch weniger Lebensmittel angebaut werden müssen“, so Brenner.

Nach Meinung der Jacobs-Forscher ist eine deutliche Verbesserung der Kühlketten-Effizienz oft schon mit geringem Aufwand möglich. Sie empfehlen, dass sich die verschiedenen Akteure innerhalb einer Kühlkette besser koordinieren, zum Beispiel durch den gezielten Einsatz moderner, aufeinander abgestimmter Übertragungssysteme wie RFID („radio-frequency identification“). Wichtig sei auch eine engere Verzahnung der verschiedenen Transportschritte, insbesondere durch den Abbau von Karenzen am Umschlagsplatz. Außerdem raten sie zu einer stetigen Ergebnisevaluation für unterschiedliche Typen von Lebensmittelketten, um deren spezifische Schwachstellen zu identifizieren und beheben zu können.

Die Studie, die von dem Bremer Logistikunternehmen Cool Chain Group gefördert wurde, ist in der Schriftenreihe „Beiträge zum strategischen Management“ (Ausgabe 28, ISBN: 978-3-938786-26-0) erschienen.

Fragen zu der Studie beantwortet:

Michael Hülsmann | Professor of Systems Management
Tel.: 0421 200-3190 | E-Mail: m.huelsmann@jacobs-university.de

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Dr. Kristin Beck idw

Weitere Informationen:

http://www.jacobs-university.de

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