Einmal Deutschland und zurück? Hochqualifizierte wandern in die Heimat ihrer Eltern ab

Manchmal macht schon der Name den Unterschied aus. Wer Aishe oder Sergej heißt, wird nicht so schnell zu einem Vorstellungsgespräch gebeten wie ein Lukas oder eine Anna – selbst wenn die Qualifikation genauso hoch ist.

Dabei sind Abitur, Studium und ein erfolgreicher Hochschulabschluss eigentlich die besten Voraussetzungen für einen reibungslosen Berufseinstieg. Viele erfolgreiche Hochschulabsolventinnen und -absolventen mit Migrationshintergrund sehen ihre Chancen jedoch nicht mehr in Deutschland, sondern in dem Land, aus dem ihre Eltern einmal eingewandert sind. Sie machen Karriere bei internationalen Firmen oder Institutionen außerhalb Deutschlands.

Mit den Biografien dieser so genannten bildungserfolgreichen Transmigranten mit Universitätsabschluss beschäftigt sich Dr. Isabel Sievers von der AG Interpäd, einem interdisziplinären Arbeits- und Forschungsbereich an der Philosophischen Fakultät der Leibniz Universität Hannover. Unter der Leitung von Prof. Hartmut Griese haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sich bereits mit Transmigranten befasst, die heute in der Türkei leben. Die Kontakte sind über Internetforen, Vereine und Zusammenschlüsse von „Rückkehrern“ entstanden.

Im Frühjahr des kommenden Jahres soll das Projekt fortgesetzt werden; diesmal stehen Transmigranten, die heute in Polen und in Russland arbeiten, im Mittelpunkt, sowie eine Vergleichsgruppe in Deutschland. Auch diesmal gibt es zwei zentrale Fragen: Zum einen geht es um die Gründe für den Bildungserfolg. „Warum haben es diese Migrantinnen und Migranten geschafft und andere nicht?“, fragt Dr. Isabel Sievers, Koordinatorin der AG Interpäd. Zum anderen geht es um die Motive, die die jungen Männer und Frauen dazu bewogen haben, ihre berufliche und private Zukunft im Land ihrer Eltern weiterzuverfolgen: „Warum sahen sie hierzulande keine beruflichen Möglichkeiten für sich, und wieso lässt Deutschland sie ziehen?“

In exemplarischen Biografie-Untersuchungen hochqualifizierter, türkischstämmiger Transmigrantinnen und -migranten konnte das Forscherteam erste Erkenntnisse sammeln, die nun auch in einem Buch bei dem Verlag Brandes & Apsel veröffentlicht wurden (Sievers, Isabel/ Griese, Hartmut/ Schulte Rainer: Bildungserfolgreiche Transmigranten). Der Großteil der Befragten stammt aus klassischen Gastarbeiterfamilien. Gemeinsam ist fast allen, dass eine Person außerhalb der Familie, etwa eine Lehrerin, ein Lehrer oder eine Nachbarin, die jungen Menschen in ihrer schulischen Entwicklung und Ausbildung unterstützt hat. „Aus diesen Erkenntnissen können wir bildungspolitische und gesellschaftliche Rückschlüsse ziehen: Wie können solche erfolgreichen Biografien zum Beispiel besser gefördert werden?“, sagt Dr. Sievers.

In den Befragungen habe sich zudem herausgestellt, dass sich viele trotz ihres Bildungserfolges und der perfekten Zweisprachigkeit in Deutschland gesellschaftlich nicht anerkannt fühlten. Das zeigten Äußerungen wie: „In diesem Land werde ich nie Bürger erster Klasse sein.“ In ihren Herkunftsländern seien die Hochschulabsolventinnen und -absolventen hingegen äußerst gefragt. Das aktuelle Projekt soll weitere Erkenntnisse über „bildungserfolgreiche Transmigranten“ liefern. Dabei sind sich die meisten der Absolventinnen und Absolventen mit Migrationshintergund ihrer besonderen Qualitäten bewusst. „Sie können im Gegensatz zu anderen relativ leicht in ein anderes Land gehen und dort Fuß fassen“, sagt Dr. Sievers. „Sie wissen genau, welche Kompetenzen sie haben und nur sehr langsam wird das auch der deutschen Gesellschaft bewusst.“

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Leibniz Universität Hannover

Weitere Informationen:

http://www.uni-hannover.de

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