Physiker demonstrieren erstmals Informationsverarbeitung durch Spinwellen in technischem Bauteil

Erstmals haben Physiker der TU Kaiserslautern eine Informationsverarbeitung durch Spinwellen in diesem technischem Bauteil demonstriert. Foto: AG Hillebrands/TU Kaiserslautern

Elektrischer Strom wird neuen technischen Anforderungen oft nicht mehr gerecht. Eine Alternative hierfür stellen Spinwellen dar. „Ein Spin beschreibt den Eigendrehimpuls eines Quantenteilchens, etwa bei einem Elektron oder Proton“, sagt Doktorand Tobias Fischer, Erstautor der aktuellen Studie.

„Es bildet die Grundlage für alle magnetischen Phänomene.“ Die Quantenteilchen der Spinwellen, die Magnonen, können mehr Informationen transportieren als Elektronen und dabei deutlich weniger Energie verbrauchen und weniger Abwärme erzeugen. Dies macht Spinwellen für die Anwendung interessant.

Der Doktorand hat nun erstmals untersucht, ob Spinwellen in einem sogenannten logischen Gatter verarbeitet werden können. Bisher verarbeiten solche Bauteile Informationen mittels elektrischem Strom. Sie kommen zum Beispiel in Computern in Form von Transistoren zum Einsatz. Die Signalkodierung bei einem solchen Logikgatter erfolgt über die Zustände „0“ und „1“.

Das Bauteil der Kaiserslauterer Physiker hat die Form eines Dreizacks und besteht aus dem Mineral Yttrium-Eisen-Granat, das magnetisch ist. „In die einzelnen Zacken werden Spinwellen eingespeist. Wichtig ist hierbei die Phase, also ob relativ zu einer Referenzzeit gerade ein Wellenberg oder ein Wellental anliegt“, erklärt Fischer das Prinzip.

In der Folge laufen diese Wellen durch alle drei Zacken zum anderen Ende ähnlich wie eine Zuschauer-Welle im Fußballstadion. Am Knotenpunkt des Dreizacks überlagern sich die Wellen schließlich. „Durch diese Interferenzen kommt es zu einer Verschiebung der Wellenberge und -täler“, sagt Dr. Andrii Chumak, Mitautor der Studie. „Diese Signale, die sogenannten Phasenverschiebungen, können wir auslesen.“ Fischers Kollegen hatten diese Wellen bereits zuvor in Simulationen untersucht. Der Doktorand konnte diese nun im Experiment nachweisen.

Techniken wie diese könnten künftig das Verarbeiten von Informationen wesentlich schneller und effizienter gestalten, etwa als Alternative für derzeitige Halbleiter-basierte Technologien. „Im Gegensatz zu elektrischem Strom hätte man weniger Verluste durch Abwärme“, nennt Fischer als Vorteil.

Fischer und Chumak forschen am Lehrstuhl für Magnetismus bei Professor Dr. Burkard Hillebrands an der TU Kaiserslautern. Sie arbeiten im Rahmen des Sonderforschungsbereichs „Spin+X – Spin in its collective environment“. Hier untersuchen Forscherteams aus Physik, Chemie, Maschinenbau und Verfahrenstechnik grundlegende magnetische Eigenschaften, Phänomene und Prozesse. Bereits heute sind sie von zentraler Bedeutung für moderne Techniken wie Datenspeicherung und magnetische Sensorik.

Chumak hat zudem für seine Arbeiten auf diesem Gebiet einen ERC Starting Grant – einen der höchsten Forschungspreise der EU – erhalten.

Die Studie wurde in der renommierten Fachzeitschrift „Applied Physics Letters“ veröffentlicht: „Experimental prototype of a spin-wave majority gate,“ T. Fischer, M. Kewenig, D. A. Bozhko, A. A. Serga, I. I. Syvorotka, F. Ciubotaru, C. Adelmann, B. Hillebrands, and A. V. Chumak (DOI: 10.1063/1.4979840).

http://aip.scitation.org/doi/full/10.1063/1.4979840

Fragen beantworten:
Tobias Fischer, Dipl.-Phys.
AG Magnetismus, Fachbereich Physik
Tel.: 0631 205-2278
E-Mail: tfischer(at)physik.uni-kl.de

Dr. Andrii Chumak
AG Magnetismus, Fachbereich Physik
Tel.: 0631 205-4203
E-Mail: Chumak(at)physik.uni-kl.de

Marjorie Lägel
AG Magnetismus, Fachbereich Physik
Tel.: 0631 205 5779
E-mail: mlaegel[at]rhrk.uni-kl.de

Media Contact

Melanie Löw Technische Universität Kaiserslautern

Weitere Informationen:

http://www.uni-kl.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Physik Astronomie

Von grundlegenden Gesetzen der Natur, ihre elementaren Bausteine und deren Wechselwirkungen, den Eigenschaften und dem Verhalten von Materie über Felder in Raum und Zeit bis hin zur Struktur von Raum und Zeit selbst.

Der innovations report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Astrophysik, Lasertechnologie, Kernphysik, Quantenphysik, Nanotechnologie, Teilchenphysik, Festkörperphysik, Mars, Venus, und Hubble.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer