Neuer Teilchenbeschleuniger

Und doch geht es hier nicht um schwarze Löcher und den Urknall. Die bemerkenswerte Anlage dient anderen Projekten. Sie wurde nun nach knapp fünfjähriger Bauzeit in Betrieb genommen.

Was genau passiert, wenn Oberflächen mit Atomen beschossen werden? Diese winzigen und sehr schnellen Partikel beschäftigen die Arbeitsgruppe. Der Beschleuniger mit dem Namen HICS (Highly charged ion collisions on surfaces) sorgt dafür, dass die geladenen Teilchen auf maximal 43 Millionen km/h gebracht werden – das sind etwa vier Prozent der Lichtgeschwindigkeit.

Ein großes Magnetfeld hält sie auf dem richtigen Kurs. „Wir treffen immer, wenn wir feste Oberflächen mit den Teilchen beschießen“, bestätigt Dr. Andreas Reichert. Wenn die Ionen auf die fingernagelgroßen Testobjekte treffen, kommt es zu nanoskopischen Veränderungen.

Was die Forscher daraus lernen ist, wie sich Materialien unter extremen Bedingungen verhalten. Die Erkenntnisse können dazu beitragen, dass künftig noch filigranere Flächen und Schichten hergestellt werden. Bisher produziert man die extrem kleinen Strukturen von Computerchips mit Masken, die mit Hilfe von Laserlicht erstellt werden. Danach wird die nötige Struktur geätzt. Diese konventionelle Lithografie-Technik würde dann durch neue Prozesse ersetzt werden, da ein ionisiertes Atom kleinere Strukturen als ein Laser erzeugen kann. Moderne Computerchips schrumpfen so vielleicht bei gleicher Leistung bis zur Größe einer Nadelspitze.

So weit der ungefähre Plan der Wissenschaftler. „Wir betreiben hier allerdings Grundlagenforschung – es kann immer zu unerwarteten Ergebnissen kommen, die man künftig für ganz andere Dinge nutzbar machen kann“, beschreibt Physikerkollege Thorsten Peters seine Arbeit, die immer wieder für Überraschungen sorgt. Und die so spannend ist, dass Peters über die Wechselwirkung hochgeladener Ionen mit Metalloberflächen auch promoviert. Dafür braucht man eine gute Vorstellungskraft, denn „Ionen sind mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Doch sie bieten die Möglichkeit, so viel Energie auf kleinsten Raum zu bringen, wie sonst nirgendwo. Und sie sind wahnsinnig schnell.“

Natürlich schauen die Experten auch nach Genf, wo der derzeit viel diskutierte LHC (Large Hadron Collider) steht. Die Duisburger nutzen ein ähnliches Prinzip. „Wir haben auch eine Ionenquelle, erzeugen ein Ultrahochvakuum, lenken die Teilchen mittels eines Magnetfeldes und beschleunigen sie durch elektrische Felder“, so Peters. Doch während die CERN-Anlage riesige Ausmaße von fast 27 Kilometern hat, ist HICS ziemlich kompakt: Auf viereinhalb Metern sind alle wichtigen Elemente untergebracht. „Vergleichbare Anlagen gibt es nur noch in Dresden beim Hersteller der Ionenquelle. Ansonsten werden bisher wesentlich größere und teurere Beschleuniger zur Erzeugung der schnellen Teilchen benutzt“, weiß Dr. Reichert.

Die AG Schleberger gehört zum Sonderforschungsbereich 616 „Energiedissipation an Oberflächen“. Für den Bau und die Nutzung des Beschleunigers stellte die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) 300.000 Euro zur Verfügung. 12.000 Euro pro Jahr kostet der Betrieb der kleinen aber feinen Anlage, die sicher in den kommenden Jahren für neue Entdeckungen sorgen wird.

Weitere Informationen: Thorsten Peters, Tel. 0203/379-1605, -1528, E-Mail: thorsten.peters@uni-due.de

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