Die schnellste lichtgetriebene Stromquelle der Welt

Schematische Darstellung des Experiments zur ultraschnellen Stromerzeugung: Wenn die Lichtwelle (rot) auf das Graphen trifft (Wabengitter), wird instantan ein elektronischer Strom erzeugt. FAU/Takuya Higuchi

Der Trick: die Elektronen werden von einer einzigen Schwingung eines Lichtpulses angetrieben. Damit können sie den Vorgang um mehr als das Tausendfache im Vergleich zu den schnellsten heutigen Transistoren beschleunigen.

Graphen macht´s möglich

In Gasen, isolierenden Materialien sowie Halbleitern war es Wissenschaftlern bereits gelungen, mithilfe von Lichtwellen Elektronen zu kontrollieren und so prinzipiell Ströme zu steuern. Mit Metallen funktionierte dies bisher jedoch nicht, da Metall normalerweise Lichtstrahlen reflektiert und so kein Licht eindringen kann, um die Elektronen im Inneren anzuregen.

Die Physiker der FAU in den Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Peter Hommelhoff und Prof. Dr. Heiko Weber haben daher auf Graphen zurückgegriffen – ein Halbmetall, das aus nur einer einzelnen Lage Kohlenstoff besteht. Es ist so dünn, dass genug Licht einfällt, um die Elektronen in Bewegung zu versetzen.

Für ihr Experiment haben die Wissenschaftler extrem kurze Laserpulse in speziell definierten Wellenformen auf Graphen gefeuert. Treffen diese Lichtwellen auf die Elektronen im Graphen, werden diese durch das Material geschleudert, wie nach einem Peitschenhieb.

„Bei intensiven optischen Feldern wird innerhalb eines Bruchteils eines optischen Zyklus ein Strom erzeugt – das entspricht einer halben Femtosekunde. Überraschend war, dass trotz dieser enormen Kräfte die Quantenmechanik wieder einmal die entscheidende Rolle spielt“, erklärt Dr. Takuya Higuchi vom Lehrstuhl für Laserphysik, der Erstautor der Veröffentlichung.

Zwei Wege führen zum Ziel

Der Strom im Graphen basiert auf komplizierten quantenmechanischen Vorgängen, wie die Forscher herausfanden: Die Elektronen gelangen von ihrem Ausgangszustand zum angeregten Zustand nicht nur über einen Weg, sondern über zwei – analog zu zwei Straßen, die zum selben Ziel führen. Ähnlich einer Welle können sich die Elektronen an der Gabelung spalten und beide Straßen gleichzeitig entlangfließen.

Das Ergebnis: Je nachdem mit welcher relativen Phase die Elektronen am Ziel aufeinandertreffen, ist der Strom sehr groß, oder überhaupt nicht vorhanden. „Das ist vergleichbar einer Wasserwelle: Stellen Sie sich vor, eine Welle trifft auf eine Hauswand. Dann wird sie gespalten und fließt rechts und links am Gebäude vorbei. Am Ende des Gebäudes treffen beide Teile wieder aufeinander. Sind die Teilwellen dann beide auf ihrem Gipfel ergibt sich eine sehr große Welle, es fließt Strom.

Ist eine Teilwelle auf dem Höchststand, die andere an ihrem Tiefpunkt, gleichen sich die beiden aus, es gibt keine Welle – und keinen Strom“, erklärt Prof. Dr. Peter Hommelhoff vom Lehrstuhl für Laserphysik. „Wir können damit über die Lichtwellen regulieren, wie sich die Elektronen bewegen und wie viel Strom erzeugt wird.“

Gibt es zukünftig Elektronik mit Lichtfrequenz?

Die Ergebnisse sind ein weiterer wichtiger Schritt, um die beiden Zweige der modernen Technologie, Elektronik und Optik, auf eine Plattform zu bringen. Zukünftig lässt sich das Verfahren eventuell auf ultraschnelle Elektronik übertragen, die mit optischen Frequenzen kontrolliert werden kann.

Ihre Ergebnisse, die im Rahmen des Sonderforschungsbereich 953 „Synthetische Kohlenstoff-Allotrope“ erzielt wurden, haben die Wissenschaftler in der Zeitschrift Nature publiziert: doi:10.1038/nature23900 (ab 25.09.2017, 17 Uhr)

Weitere Informationen für die Medien:
Dr. Takuya Higuchi
Tel.: 09131 85-28335
takuya.higuchi@fau.de

Prof. Dr. Peter Hommelhoff
Tel.: 09131/85-27090
peter.hommelhoff@fau.de

Prof. Dr. Heiko Weber
Tel.: 09131 / 85-28421
heiko.weber@fau.de

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