Wie verlässlich ist die Zika-Virus-Diagnostik?

Zika-Viruspartikel (rot); Elektronenmikroskopische Aufnahme (TEM) cdc/Cynthia Goldsmith

2016 breitete sich in Brasilien das Zika-Virus aus, Millionen Menschen waren davon betroffen. Besondere Sorge bereitete die Zunahme von Fehlbildungen des Kopfes bei Neugeborenen (Mikrozephalie), deren Zusammenhang mit der Zika-Infektion mittlerweile bestätigt ist. Eine verlässliche Diagnostik der Zika-Virus-Infektion bleibt eine vordringliche Aufgabe, die sich die Wissenschaftler im DZIF auf ihre Fahnen geschrieben haben.

„Aus zwei Gründen brauchen wir eine sichere Labordiagnostik insbesondere in Ausbruchsgebieten wie Brasilien“, erklärt Prof. Dr. Felix Drexler, der an der Charité in Berlin Zika-Forschung betreibt. Zum einen müssten die Patienten sich unbedingt auf die Diagnose verlassen können. Falsche Diagnoseergebnisse können fatale Folgen haben.

„Wir wissen beispielsweise, dass die Nachfrage nach illegalen Abtreibungen in Lateinamerika während des Zika-Ausbruchs um fast 100 Prozent angestiegen ist“, so Drexler. Sichere Diagnosen könnten helfen, solche dramatischen Schritte zu verhindern. Zum anderen hängen Vorsorgemaßnahmen des Gesundheitswesens und die weitere Forschung von verlässlichen Risikoschätzungen ab.

Molekulare Nachweisverfahren im Test

Derzeit erfolgt der Nachweis einer akuten Infektion vor allem über eine Bestimmung des viralen Erbguts in Blut und Urin. Alle Tests weisen Virus-RNA (-Ribonukleinsäuren) mit der sog. Polymerase-Kettenreaktion (PCR) nach, einem gebräuchlichen Verfahren zum Nachweis von Nukleinsäuren. Doch wie empfindlich sind die verwendeten Tests für das Zika-Virus, d. h. weisen sie die Virus-RNA auch bei sehr geringen Viruskonzentrationen nach? Werden Infektionen mit dem Virus immer erkannt? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des externen Laborvergleichs, den Drexler und sein Team gemeinsam mit brasilianischen Wissenschaftlern 2017 in 15 Laboren in Brasilien durchgeführt haben.

Die Studie
15 Labore in sieben brasilianischen Staaten beteiligten sich an der Studie; eingeschlossen waren die am stärksten betroffenen Regionen. Jedes Labor erhielt zwölf genau definierte Proben, die mit Hilfe der im Labor gebräuchlichen PCR-Verfahren untersucht werden sollten. Der Inhalt der einzelnen Proben war dem teilnehmenden Labor nicht bekannt. Mit dabei waren Zika-positive wie -negative Proben, aber auch solche, die verwandte Viren, die beispielsweise das Dengue-Fieber oder Gelbfieber verursachen, enthielten. Hier sollte sich auch zeigen, wie spezifisch die Ergebnisse sind.

Die Ergebnisse
„Wir haben in einigen Laboren sowohl falsch-positive als auch falsch-negative Ergebnisse beobachten müssen“, fasst Drexler die Ergebnisse kurz zusammen. Genauer gesagt: Etwa ein Drittel der Labore konnte perfekte Ergebnisse erzielen, hingegen hatten etwa zwei Drittel der Labore zum Teil fehlerhafte Ergebnisse. Falsch-negative Proben zeigten einen Mangel an Empfindlichkeit des Tests, da sie vorhandene Viren nicht nachweisen konnten. Es kamen außerdem falsch-positive Ergebnisse vor, die auf Kontaminationen oder Fehler in der Handhabung der Tests hinweisen könnten. Dabei sehen die Wissenschaftler diese falsch-positiven Ergebnisse als besonders kritisch, da sie Frauen irrtümlich als infiziert melden. Es zeigte sich außerdem, dass die Schätzung der Viruslast, also der Menge an Virus-RNA im Blut oder im Urin, in den beteiligten Laboren sehr unterschiedliche Resultate ergab.

Das Problem der Verlässlichkeit
Bei einigen der beteiligten Labore, so das Fazit, besteht unbedingt Verbesserungsbedarf, was die Diagnostik betrifft. „Man sollte allerdings dazusagen, dass eine Bewertung der Zika-Diagnostik in europäischen Laboren zu ähnlichen Ergebnissen gekommen ist“, betont Drexler. Er hält es nun für unabdingbar, weiter in eine verlässliche Diagnostik zu investieren. Mit den Laborleitern aus der Studie sind bereits Wiederholungen geplant, um die Prozesse zu optimieren. Die Wissenschaftler halten außerdem eine Kombination mit serologischen Tests für sinnvoll, mit denen nach dem achten Tag der Infektion die von der infizierten Person gebildeten Antikörper bestimmt werden können. Für den frühen Virus-Nachweis bei ersten Krankheitszeichen bleibt die molekulare Nachweismethode erste Wahl. „Es muss eine kontinuierliche Qualitätskontrolle der Zika-Virus-Diagnostik weltweit stattfinden“, betont Drexler.

Hintergrund
Die Gruppen um Felix Drexler und Christian Drosten, ehemals Uniklinik Bonn, jetzt Berliner Charité, konnten bereits neuartige Zika-Virus Tests und den weltweit verwendeten Standardtest zum Nachweis des MERS-Erregers (MERS für Middle East Respira-tory-Syndrom) entwickeln und sind im DZIF vor allem für die Diagnostik neu auftretender Viren bestens gerüstet. Das Projekt zur Zika-Diagnostik in Brasilien wurde vom DZIF im Rahmen eines beschleunigten Bewilligungsverfahrens auf den Weg gebracht, um der Gefahr von neu auftretenden Infektionen gerecht zu werden.

Publikation
Fischer C, Pedroso C, Mendrone A, Jr, Bispo de Filippis AM, Rosário Vallinoto AC, Mo-rais Ribeiro B, et al.
External quality assessment for Zika virus molecular diagnostic testing,
Brazil. Emerg Infect Dis. 2018 [ahead of print].
https://doi.org/10.3201/eid2405.171747

Kontakt

Prof. Jan Felix Drexler
DZIF-Schwerpunkt “Neu auftretende Infektionskrankheiten”
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Institut für Virologie
T +49 30 450 525461
E-Mail: felix.drexler@charite.de

Pressekontakt
Karola Neubert und Janna Schmidt
DZIF-Pressestelle
T +49 531 6181 1170/1154
E-Mail: presse@dzif.de

Weitere Pressemitteilungen zum Thema Zika-Viren-Diagnostik

Zika-Viren: Entwicklung verlässlicher Diagnostik und neuer Wirkstoffe/Pressemitteilung vom 1. Juli 2016
Zika-Viren: Optimierte Tests zur sicheren Diagnose/Pressemitteilung vom 12. Mai 2016

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