Wie das Darmbakterium Clostridium ramosum Übergewicht fördert

Lichtmikroskopische Aufnahme von Clostridium ramosum nach Gram-Färbung. Quelle: Tina Jaenicke/DIfE

Clostridium ramosum ist ein zehn Mikrometer großes Bakterium und somit rund 100 Mal kleiner als ein Sandkorn. Die sporenbildende Mikrobenart kommt verstärkt im Darm übergewichtiger Menschen vor. Unklar ist, ob die Betroffenen durch das Bakterium an Gewicht zunehmen. Im Tierversuch ist die Datenlage eindeutiger.

„In früheren Studien mit Mäusen beobachteten wir, dass Clostridium ramosum Übergewicht fördert, indem es die Zahl der Fettsäuretransporter im Darm erhöht“, sagt Professor Michael Blaut, Leiter der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie am DIfE.

Dieser Spur gingen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun weiter nach. Dafür untersuchten sie Mäuse und Darm-Organoide. Darm-Organoide werden aus Stammzellen gewonnen und weisen ähnliche Eigenschaften wie normales Darmgewebe auf. Sie werden deshalb auch als „Mini-Därme“ bezeichnet.

Das Forscherteam beobachtete, dass Clostridium ramosum den Darm der Tiere dazu bringt, vermehrt enterochromaffine Zellen zu bilden. Diese spezialisierten Zellen produzieren den Botenstoff Serotonin.

Somit kann das Bakterium die Konzentration von Serotonin im Darm erhöhen und die Anzahl der Fettsäuretransporter steigern. Eine mögliche Folge für Maus und Mensch: Übergewicht. „Die Studie zeigt einmal mehr, wie stark der Einfluss einer einzelnen Bakterienspezies im Darm sein kann“, betont Blaut.

Fettreiche Ernährung fördert Wachstum von Clostridium ramosum

Insbesondere eine Ernährung mit viel Fett könnte problematisch sein. Denn das Bakterium vermehrt sich gerade unter einer fettreichen Diät optimal. „Unsere Ergebnisse liefern einen wichtigen Hinweis auf das Zusammenspiel zwischen Ernährung, Stoffwechsel des Wirts und Darmbakterien“, sagt Dr. Ana Mandic, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung, die seit fast drei Jahren an dem Projekt arbeitet.

Im nächsten Schritt sei es wichtig zu prüfen, in welchem Maße Clostridium ramosum beim Menschen zu Übergewicht beiträgt. Zudem wollen die Forschenden herausfinden, ob das Bakterium durch eine bestimmte Ernährung und andere Mikroorganismen ausgebremst werden könnte.

Literatur

Original-Publikation: Mandić AD, Woting A, Jaenicke T, Sander A, Sabrowksi W, Rolle-Kampcyk U, v. Bergen M, Blaut M. Clostridium ramosum regulates enterochromaffin cell development and serotonin release. Scientific Reports (2019) 9:1177
[https://doi.org/10.1038/s41598-018-38018-z]

Ähnlicher Artikel: Woting A, Pfeiffer N, Loh G, Klaus S, Blaut M. Clostridium ramosum promotes high-fat diet-induced obesity in gnotobiotic mouse models. mBio® 2014
[https://mbio.asm.org/content/5/5/e01530-14.long]

Hintergrundinformationen

Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)

Das DIfE ist Mitglied der Leibniz-Gemeinschaft. Es erforscht die Ursachen ernährungsassoziierter Erkrankungen, um neue Strategien für Prävention, Therapie und Ernährungsempfehlungen zu entwickeln. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören die Ursachen und Folgen des metabolischen Syndroms, einer Kombination aus Adipositas (Fettsucht), Hypertonie (Bluthochdruck), Insulinresistenz und Fettstoffwechselstörung, die Rolle der Ernährung für ein gesundes Altern sowie die biologischen Grundlagen von Nahrungsauswahl und Ernährungsverhalten. Das DIfE ist zudem ein Partner des 2009 vom BMBF geförderten Deutschen Zentrums für Diabetesforschung (DZD).

Pressekontakt

Sonja Schäche
Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Tel.: +49 33200 88-2278
E-Mail: sonja.schaeche@dife.de / presse@dife.de

Prof. Dr. Michael Blaut
Leiter der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Tel.: +49 (0)33200 88-2311
E-Mail: blaut@dife.de

Dr. Ana Mandic
Wissenschaftliche Mitarbeiterin der Abteilung Gastrointestinale Mikrobiologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke (DIfE)
Tel.: +49 (0)33200 88-2464
E-Mail: ana.mandic@dife.de

Mandić AD, Woting A, Jaenicke T, Sander A, Sabrowksi W, Rolle-Kampcyk U, v. Bergen M, Blaut M. Clostridium ramosum regulates enterochromaffin cell development and serotonin release. Scientific Reports (2019) 9:1177
[https://doi.org/10.1038/s41598-018-38018-z]

http://www.dife.de/presse/pressemitteilungen/?id=1422

Media Contact

Sonja Schäche idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer