Erblindung im Kindesalter ist vermeidbar

Eines von 15.000 Babys kommt mit einem – genetisch bedingten – Glaukom („grüner Star“) zur Welt oder entwickelt dieses Augenleiden im ersten Lebensjahr. In 65 bis 80 Prozent der Fälle sind beide Augen betroffen. Stets ist ein erhöhter Augeninnendruck die Ursache, der den Sehnerv schädigt.

Ebenso gibt es Kinder, die mit einer angeborenen Linsentrübung, einer Katarakt („grauer Star“), geboren werden oder die Krankheit schon frühzeitig entwickeln. Ein Teil der Fälle geht auf eine Genveränderung zurück, aber auch eine Röteln-Infektion der Mutter während der Schwangerschaft sowie Stoffwechselerkrankungen beispielsweise können die Linse trüben.

Bei beiden Augenerkrankungen ist es entscheidend wichtig, dass die Diagnose so früh wie möglich gestellt wird: Katarakt und Glaukom sind die häufigsten Gründe für eine vermeidbare, weil behandelbare Blindheit im Kindesalter. Selbst wenn „nur“ ein Auge betroffen ist, können die Erkrankungen Schwachsichtigkeit und Schielstellungen verursachen.

Ein Glaukom im Kindesalter wird immer operiert.

Bei Erwachsenen, wird die Erkrankung stets mit Medikamenten behandelt, nur zehn Prozent werden operiert. Kinder erhalten demgegenüber immer eine Operation. „Die Therapie muss bei den Kindern anders sein als bei Erwachsenen“, erklärt Professor Franz Grehn, Direktor der Universitäts-Augenklinik Würzburg, „schließlich müssen wir bei unseren kleinen Patienten ein noch langes Leben lang die Blindheit verhindern.“

Die Kinder fallen in den meisten Fällen durch „schöne große Augen“ auf, die der erhöhte Augeninnendruck erzeugt. Weitere Symptome sind beispielsweise Lichtscheu und ein vermehrter Tränenfluss.

Die genaue Diagnostik ist bei einem Säugling oder Kleinkind nur unter Narkose möglich. Handelt es sich um ein Glaukom, erfolgt der Eingriff in der Regel sofort noch in der gleichen Narkose. Die sogenannte Trabekulotomie ist das übliche OP-Verfahren. Durch einen Schnitt von außen wird das bei den kleinen Patienten fehlentwickelte Gewebe, das Trabekelmaschenwerk, aufgerissen. Danach kann das Kammerwasser direkt in den dafür vorgesehenen Kanal abfließen. Dieser Eingriff wird in Deutschland meist an Zentren durchgeführt.

Eine Auswertung von insgesamt 43 kleinen Patienten, die an der Würzburger Universitäts-Augenklinik operiert wurden, zeigt, dass der Augeninnendruck durch die Eingriffe – im Schnitt waren zwei erforderlich – von durchschnittlich 31 mm Quecksilbersäule auf 15 mm Hg zum Zeitpunkt der letzten Nachuntersuchung sank. „Bei der Mehrzahl der operierten Augen war keine medikamentöse Zusatzbehandlung erforderlich“, sagt Franz Grehn. Trotz dieser effektiven Senkung des Augeninnendrucks bleibt die Sehschärfe der Kleinen in den meisten Fällen indes unter der Norm. Viele Kinder müssen eine Brille tragen, ein Drittel beginnt zu schielen.

Katarakt: Eine Linsentrübung ist nicht immer erkennbar.

„Natürlich ist eine deutliche Linsentrübung schon mit dem bloßen Auge zu erkennen“; sagt Professor Thomas Kohnen von der Klinik für Augenheilkunde der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt a.M. Doch leichte Trübungen beispielsweise sind weder für Eltern noch Kinderärzte sichtbar. Kohnen: „Oft registrieren die Eltern zunächst nur eine gesteigerte Blendempfindlichkeit oder es fällt auf, dass das Kind sich anders entwickelt.“

Die Operation, bei der die Linse entfernt und gegen eine Kunstlinse ausgetauscht wird, ist bei Erwachsenen ein Routine-Eingriff. Doch bei einem Baby oder Kleinkind stellt sie an den Operateur höchste Ansprüche. Aufgrund der weichen und elastischen Gewebestrukturen des kindlichen Auges sowie der extrem hohen Rate von Sehstörungen, die durch Trübungen der belassenen hinteren Linsenkapsel nach dem Eingriff verursacht werden können, setzen die Augenärzte an spezialisierten Zentren komplexe Operationstechniken ein.

Doch nicht in allen Fällen raten die Experten zur sofortigen Operation: „Bei nicht so ausgeprägten Trübungen warten wir zunächst ab und kontrollieren engmaschig, wie sich das Sehvermögen entwickelt, weil wir natürlich die eigene Linse wenn möglich erhalten wollen“, sagt Kohnen. Ist eine Operation unvermeidbar, setzen die Ärzte in den meisten Fällen eine Kunstlinse ein. Zwar gibt es für ganz kleine Kinder Spezialanfertigungen, doch nach dem zweiten Lebensjahr kommen die gleichen Linsen zum Einsatz wie bei Erwachsenen.

Muss ein Kind vor dem neunten Lebensmonat operiert werden, entwickelt sich bei vielen in der Folge ein schweres Sekundär-Glaukom. „Dieses ist medikamentös und operativ schwer zu behandeln“, sagt Grehn, „die Erfolgsraten sind in diesen Fällen deutlich geringer als bei einem angeborenen Glaukom.“

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