Impfung gegen Nierenkrebs wird klinisch erprobt

Die Impfung gegen Krebs stellt eine viel versprechende Therapie-Option dar. Ihr Ziel: Die körpereigene Abwehr gegen den Tumor zu verstärken. Ein Team um Professor Dr. Stefan Stevanovic, Universität Tübingen hat Strukturen – so genannte Tumor-Antigene – auf Nierenkrebszellen identifiziert, die zur Impfung gegen Nierentumoren eingesetzt werden. Erste klinische Studien mit diesen Antigenen laufen bereits. Die Deutsche Krebshilfe hat dazu erforderliche Forschungsarbeiten mit über 80.000 Euro gefördert.

Das Immunsystem hat die Aufgabe, Krankheitserreger wie Viren, Bakterien und Pilze zu zerstören. Die Abwehrzellen des Immunsystems erkennen die Erreger aufgrund von Eiweißstoffen, die auf der Oberfläche der „Eindringlinge“ sitzen. Auch Krebszellen verraten sich gegenüber dem Immunsystem durch das Vorhandensein von verdächtigen Eiweiß-Molekülen auf ihrer Oberfläche – den so genannten Tumor-Antigenen. Spüren Abwehrzellen diese Strukturen auf, lösen sie eine Immunreaktion im Körper aus. Im Idealfall kann also das körpereigene Abwehrsystem den Krebs bekämpfen. „Die Immunantwort ist jedoch meist zu schwach, um die bösartigen Zellen effektiv zu vernichten“, erklärt Stevanovic vom Institut für Zellbiologie der Universität Tübingen.

Die Tumor-Antigene lassen sich allerdings einsetzen, um die Abwehrreaktion gegen die Krebszellen zu erhöhen. Bei dieser so genannten Immuntherapie wird der Patient mit Tumor-Antigenen geimpft, die auch auf den Krebszellen in seinem Körper vorkommen. Auf diese Weise werden die Krebs-spezifischen Strukturen den Abwehrzellen vermehrt gezeigt. Dies kann die Immunreaktion erheblich verstärken.

Im Mittelpunkt der körpereigenen Abwehr stehen die so genannten T-Zellen. Sie kommen in zwei Formen vor: Während die T-Killerzellen das „Fußvolk“ für die grobe Arbeit sind, stellen die T-Helferzellen die „Dirigenten“ einer Immunreaktion dar. Denn im Gegensatz zu den Killerzellen, die Krankheitserreger zerstören, rufen die Helferzellen alle Abwehrzellen des Immunsystems auf den Plan, wenn sie fremde Strukturen erkennen. So regulieren sie die Abwehrreaktion und erhöhen wesentlich deren Stärke und Dauer.

„Es sind bereits viele Dutzend Tumor-Antigene bekannt, die zu einer Reaktion der T-Killerzellen gegen Krebs führen“, erklärt Stevanovic. „Der große Vorteil der von uns entdeckten Tumor-Antigene ist, dass sie auch die T-Helferzellen aktivieren, von denen wir uns eine besonders effektive Immunreaktion versprechen.“

Der Tübinger Arbeitsgruppe ist es außerdem gelungen, den Bauplan dieser Tumor-Antigene aufzuschlüsseln. So können sie diese im Labor herstellen und für eine Immuntherapie einsetzen. Drei dieser Tumor-Antigene werden derzeit an der Klinik für Urologie unter der Leitung von Professor Dr. Arnulf Stenzl in klinischen Studien als Impfstoff zur Immuntherapie bei Nierenzellkrebs erprobt. „Dabei konnten wir bereits ein Ansprechen von T-Zellen in Patienten beobachten, ohne dass schwerwiegende Nebenwirkungen auftraten. Zudem ist die Impfung technisch einfach“, erklärt Stevanovic. „Die tatsächliche Bedeutung für die klinische Praxis können wir jedoch erst nach einer Zwischenauswertung – voraussichtlich Ende 2007 – beurteilen.“ Diese Art der Immuntherapie könnte in Zukunft insbesondere dafür eingesetzt werden, um Tumorreste, die beispielsweise nach einer Operation noch im Körper sind, zu vernichten.

Media Contact

Dr. med. Eva M. Kalbheim idw

Weitere Informationen:

http://www.krebshilfe.de

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