Augen wie ein Adler: Lässt sich die Sehkraft verbessern?

Seit einiger Zeit sorgt eine Methode unter den Begriffen „Wellenfrontkorrektur“ oder „wellenfrontgeführte Hornhautchirurgie“ in der Augenheilkunde für Furore. Durch eine spezielle Laserbehandlung der Hornhaut, eine technische Weiterentwicklung der konventionellen LASIK-Behandlung, soll sich die Sehschärfe deutlich verbessern lassen ? bis hin zum „Adlerauge“.

Mit dem Verfahren machen die Ophthalmologen eine Anleihe bei den Astrophysikern: Wenn diese mit Spiegelteleskopen ins Universum spähen und Lichtsignale von Sternen „einfangen“, sind optische Fehler unausweichlich; das Wetter in der Atmosphäre lässt eine punktförmige Lichtquelle nur als „verschmiertes“ Signal ankommen. Vermeiden lässt sich dies durch eine computergesteuerte Verbiegung der Spiegelfläche in vielen winzigen Segmenten im Bereich von Bruchteilen der Wellenlänge des Lichts. Das nennen die Astrophysiker „Wellenfrontkorrektur“.

„Doch an der Hornhaut des Auges ist eine derartige Korrektur praktisch nicht möglich“, sagt einer, der es wissen muss: Professor Paul-Rolf Preußner von der Universitätsaugenklinik in Mainz ist nicht nur Ophthalmologe, sondern auch Astrophysiker. Das Auge sei dafür viel zu weich. Denn Korrekturen, welche die Stärke der Hornhaut im Bereich von 10 bis 100 Nanometern (einem Millionstel Millimeter)an einzelnen Stellen verändern, können nicht funktionieren, wenn sich das Auge im Mikrometer-Bereich (einem tausendstel Millimeter) bewegt. Darum kommen auch die Verfechter des neuen Verfahrens in der Augenheilkunde zu der Erkenntnis, dass die Behandlung zwar die Sehschärfe verbessern kann, „das Adlerauge als Folge solcher Eingriffe jedoch die Ausnahme bleibt.“

Jenseits des Expertenstreits um die richtige Bezeichnung und die beste Methode sind sich die Experten gleichwohl einig, dass die Sehschärfe (der Visus) prinzipiell verbessert werden kann. „Mit der modernen refraktiven Hornhaut-Chirurgie und ständig weiterentwickelten Intraokularlinsen versuchen wir, dem Patienten eine optimale Sehqualität zu geben“, sagt Preußner. „Doch es ist noch viel Entwicklungsarbeit zu leisten, bis die Grenze des theoretisch Möglichen erreicht ist.“

Fehler können im optischen System Auge sowohl an der Hornhaut als auch an der Linse auftreten. An beiden Teilen können die Augenärzte Korrekturen vornehmen, wobei Hornhautfehler zu einem gewissen Teil auch durch Linseneingriffe und Linsenfehler durch eine Hornhautbehandlung korrigierbar sind.

Die refraktive Chirurgie kann die optischen Fehler der Hornhaut durch deren Bearbeitung mit dem Laser korrigieren. Intraokularlinsen, welche die Linse des Auges ersetzen und bei der Operation des „grauen Stars“ (Katarakt = Linsentrübung) eingepflanzt werden, sorgen nicht nur wieder für klare Sicht, sondern können gleichzeitig auch eine Fehlsichtigkeit bessern. Doch während eine Brille im Bereich einer viertel Dioptrie genau angepasst werden kann, ist diese Genauigkeit einer Katarakt-Operation um den Faktor drei geringer.

Mit diesen Verfahren lassen sich – alleine oder in Kombination und je nach den individuellen Gegebenheiten – Kurz-(Myopie) und Weitsichtigkeit (Hyperopie) sowie die Stabsichtigkeit (Astigmatismus) behandeln. Auch ein optischer Fehler des Gesamtsystems, die sogenannte sphärische Aberration, lässt sich inzwischen bessern.

Die refraktive Hornhaut-Chirurgie kann beispielsweise eine Kurzsichtigkeit bis minus acht Dioptrien und eine Weitsichtigkeit bis zu vier Dioptrien korrigieren. Eine stärkere Fehlsichtigkeit lässt sich durch bestimmte Intraokularinsen, sogenannte Phake Linsen, behandeln. Diese Linsen werden zusätzlich implantiert, die eigene Linse bleibt erhalten ? und damit die Akkommodationsfähigkeit.

Ist ein Astigmatismus nicht an der Hornhaut korrigierbar, etwa nach einer Hornhauttransplantation, können die Ophthalmologen auch diesen Fehler durch eine geeignete Intraokularlinse ausgleichen. Dies geschieht etwa im Rahmen einer Katarakt-Operation. „Allerdings können wir diesen Fehler auf dieem Weg allenfalls zu 95 Prozent korrigieren“, schränkt Preußner ein.

„Theoretisch ist es möglich, durch die Implantation einer Intraokularlinse und die Bearbeitung der Hornhaut ein Adlerauge zu erzeugen“, sagt Preußner. Die natürliche Grenze bildet dabei nicht die Optik, sondern die Weichheit, also die „biomechanische Instabilität“ der Hornhaut.

Doch in welchem Umfang sollte das Auge überhaupt über das Normalmaß hinaus „verbessert“ werden? Wird das Gehirn konfus, wenn es mit den Informationen eines Adlerauges konfrontiert wird? „Das ist nicht der Fall“, meint Preußner. „Im Gegenteil, Netzhaut und Gehirn bemühen sich ohnehin, aus den optischen Informationen herauszuholen, was herauszuholen ist.“ So erreicht das menschliche Auge beispielsweise für die Erkennung bestimmter Muster eine zehn Mal höhere Auflösung als eine technische Standardoptik. „Bevor wir uns Gedanken über die Schaffung von Adleraugen machen“, meint der Mainzer Ophthalmologe, „sollten wir zunächst versuchen, die Sehqualität von Katarakt-Patienten weiter zu verbessern.

Abstract: DO.07.04 Die optische Qualität des menschlichen Auges: was ist wünschenswert, was ist erreichbar?

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