Digitale Personenwaage misst Gleichgewichtsstörungen

Gerät für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen gedacht – Bundeswehr macht bereits Gebrauch

Forscher des Instituts für Arbeitsmedizin und Sozialmedizin der Universität Leipzig haben ein Gerät entwickelt, mit dem Gleichgewichtsstörungen objektiv gemessen werden können. Ein ursprünglicher Zweck der Entwicklung war der Einsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen von Arbeitnehmern, die unter Absturzrisiko arbeiten. Nun wurde das Gerät von der deutschen Bundeswehr für die Fliegerausbildung übernommen.

In arbeitsmedizinischen Untersuchungen wird der Gleichgewichtssinn bei jenen, die sich in großen Höhen bewegen wie etwa Bergsteiger, Bauarbeiter, Piloten, Monteure und Dachdecker, regelmäßig getestet. Gewöhnlich müssen sich die Probanden dabei mit geschlossenen Füßen hinstellen, die Arme nach vor strecken und die Handflächen nach oben kehren. Danach gilt es, eine Minute lang die Augen zu schließen und dabei nicht ins Schwanken zu kommen. Diese Haltung ist als besonders empfänglich für Gleichgewichtsstörungen bekannt und bereits vor einiger Zeit entwickelt worden. Um Gleichgewichtsstörungen objektiv messen zu können, gab es bisher allerdings keine praktikable Messmethode. Subjektive Eindrücke des Betroffenen bzw. des Arztes waren für die Einschätzung ausschlaggebend.

Die Arbeitsgruppe um Gert Schreinicke entwickelte nun ein rechnergestütztes Screeningverfahren zur quantitativen Bewertung der Gleichgewichtsregulation. Die Idee basiert auf der Basis einer digitalen Personenwaage. Die vier Füße der aus einer Messplattform bestehenden Waage enthalten Sensoren, die gewöhnlich das Gewicht einer Person erfassen und dieses an einen Gewichtsanzeiger weitergeben. Die Entwickler stellten fest, dass die Sensoren empfindlich genug sind, um leichte Schwankungen der auf der Messplattform mit vorgestreckten Armen und nach oben gekehrten Handflächen stehenden Person aufzunehmen.

Entsprechend verstärkt und gefiltert ließen sich die durch die Schwankungen hervorgerufenen Druckveränderungen erfassen und mit Hilfe eines speziell dafür entwickelten Computerprogrammes in sichtbare Messpunkte umwandeln. Wie groß die Gleichgewichtsschwankungen sind, ließ sich durch die Anordnung um den Mittelpunkt eines Koordinatensystems auf dem Bildschirm leicht und objektiv feststellen. Befinden sich die Messpunkte dicht am Kreuz (Bild links), haben die Probanden einen guten Gleichgewichtssinn. Je weiter die Punkte vom Mittelpunkt entfernt sind (Bild rechts), desto schlechter der Gleichgewichtssinn. „Wird eine bestimmte Grenze überschritten“, erläutert Schreinicke, „sollte der Arzt auf die Suche nach den Ursachen gehen.“ Die Schwankungen können u.a. Ausdruck einer neurologischen Störung, einer Funktionsstörung des Innenohrs oder von Alkoholismus sein.

Im nächsten Schritt wollen die Leipziger Forscher das Verfahren standardisieren, damit es allgemein von Arbeitsmedizinern eingesetzt werden kann. Zurzeit läuft eine groß angelegte Studie über drei Jahre, die die bisherigen Ergebnisse verifizieren und eventuell neue Erkenntnisse liefern soll.

Media Contact

Sandra Standhartinger pte.online

Weitere Informationen:

http://www.uni-leipzig.de

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Medizin Gesundheit

Dieser Fachbereich fasst die Vielzahl der medizinischen Fachrichtungen aus dem Bereich der Humanmedizin zusammen.

Unter anderem finden Sie hier Berichte aus den Teilbereichen: Anästhesiologie, Anatomie, Chirurgie, Humangenetik, Hygiene und Umweltmedizin, Innere Medizin, Neurologie, Pharmakologie, Physiologie, Urologie oder Zahnmedizin.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Forschende enthüllen neue Funktion von Onkoproteinen

Forschende der Uni Würzburg haben herausgefunden: Das Onkoprotein MYCN lässt Krebszellen nicht nur stärker wachsen, sondern macht sie auch resistenter gegen Medikamente. Für die Entwicklung neuer Therapien ist das ein…

Mit Kleinsatelliten den Asteroiden Apophis erforschen

In fünf Jahren fliegt ein größerer Asteroid sehr nah an der Erde vorbei – eine einmalige Chance, ihn zu erforschen. An der Uni Würzburg werden Konzepte für eine nationale Kleinsatellitenmission…

Zellskelett-Gene regulieren Vernetzung im Säugerhirn

Marburger Forschungsteam beleuchtet, wie Nervenzellen Netzwerke bilden. Ein Molekülpaar zu trennen, hat Auswirkungen auf das Networking im Hirn: So lässt sich zusammenfassen, was eine Marburger Forschungsgruppe jetzt über die Vernetzung…

Partner & Förderer