Kunststofftechniker entwickelt revolutionären Werkstoff

Metall leitet Strom, ist aber relativ unbiegsam. Kunststoff ist dafür umso flexibler, lädt sich aber leicht elektrisch auf. Bestimmte Anwendungen brauchen aber gerade die Kombination beider Eigenschaften: Zum Beispiel Verpackungsmaterial in der Elektronikindustrie oder Materialien für Gehäuse in Bereichen mit hoher Explosionsgefahr, wie Tankeinfüllstutzen für Autos.

Mit der Entwicklung eines solchen High-tech-Werkstoffs, der leitet und biegsam ist, gelang Karl Schnetzinger, Diplom-Ingenieur der Montan-Universität Leoben, der Sprung auf den Markt. Sein Spin-Off Unternehmen „Advanced Polymer Compounds“ wurde 2002 im Rahmen des Zentrums für Angewandte Technologie, Österreichs erstem Universitäts-Spin-Off Zentrum, an der Montan-Uni Leoben gegründet. Der ersten Phase als Beratungsbüro für Rezepturen und Herstellungsverfahren soll 2003 ein eigener Produktionsbetrieb folgen.

Mit der Zunahme elektrischer und elektronischer Bauteile sind auch die Anforderungen der Industrie an hochwertige Kunststoffe gestiegen. Flexibilität, thermische und elektrische Leitfähigkeit sind gefragt. Die Herstellung solcher Kunststoffe ist neben technischen Schwierigkeiten der Materialzusammensetzung teuer und nur bedingt umweltfreundlich.

Durch seine Forschungsarbeiten an der Montan-Universität Leoben gelang es Karl Schnetzinger, Assistent am Institut für Chemie der Kunststoffe, einen neuartigen Kunststoff herzustellen. Geheimnis des revolutionären Werkstoffs: Durch die Mischung des Kunststoffes Polypropylen mit Grafit und durch die Zugabe von Tensiden, bekannt als Weichmacher aus Waschmitteln, konnte Schnetzinger die elektrische und thermische Leitfähigkeit der Materialien erhöhen. „Die Tenside optimieren die Benetzung des Grafits durch den Kunststoff. Dadurch kann der Anteil des vergleichsweise teuren Grafits bei der Herstellung des für die Kunststofferzeugung notwendigen Granulates wesentlich gesenkt werden, ohne dass die Qualität darunter leidet. Außerdem wird so späteres Recycling erleichtert. Gleichzeitig können die für das Kaputtwerden von Elektronikbauteilen verantwortlichen Spannungen abgeleitet werden“, erläutert Schnetzinger seine Forschungsergebnisse. Das Resultat ist ein flexibler Kunststoff von hoher Qualität, der mit dem neuen Verfahren auch wesentlich preisgünstiger und umweltschonender hergestellt werden kann.

Der neue Werkstoff fand in der Industrie und in der Fachwelt so große Beachtung, dass Schnetzinger das Konzept eines Spin-off-Unternehmens entwickelte. 2002 eröffnete er mit Unterstützung der Montan-Universität im Rahmen des Zentrums für Angewandte Technologie ein eigenes Büro in Reichweite der Universität. Mit derzeit zwei Mitarbeitern fungiert es als Dienstleister und Berater für die kunststofferzeugende und -verarbeitende Industrie und entwickelt auf Kundenwunsch spezielle Rezepturen des neuen Werkstoffes.

Entscheidend für den Erfolg des Spin-off ist die Nähe zur Universität und die Zusammenarbeit mit Projektpartnern im Zentrum für Angewandte Technologie. Darüber hinaus ist durch die enge Kooperation mit den kunststofftechnischen Instituten der Universität gewährleistet, dass das Werkstoff-Know-how immer am neuesten wissenschaftlichen Stand bleibt.

Nach dem ersten Jahr seines Betriebes kann das Unternehmen „Advanced Polymer Compounds“ namhafte Industriebetriebe wie DOW Europe SA, Horgen, CH, Zizala Lichtsysteme, Wieselburg, Poloplast GmbH&CO KG, Linz, zu seinen Kunden zählen.

Um Kunden von der Rezepturerstellung bis zum fertigen Produkt optimal betreuen zu können, ist für 2003 ein eigener Produktionsbetrieb mit vorerst vier Mitarbeitern und einer Jahreskapazität von 700 Tonnen geplant. Angepasst an die Bedürfnisse der österreichischen Industrie wird die Produktionsanlage auch Kleinmengen in der Größenordnung von rund 10 Tonnen pro Jahr erzeugen. Damit soll mit Nischenprodukten, für die nur kleinere Mengen an Kunststoff nötig sind, die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens sicher gestellt werden.

Mit seinem Unternehmen kommt Schnetzinger nicht nur den Bedürfnissen der Industrie nach leitenden, flexiblen Kunststoffen als Gehäuse für Elektronikteile entgegen, sondern unterstützt auch den österreichischen Grafitbergbau vor allem durch die Erhöhung der Wertschöpfung der Grafitprodukte.

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