Superschneller Wellenritt im Kristall: Elektronik auf Zeitskala einzelner Lichtschwingungen möglich

Eine Lichtwelle beschleunigt Elektronen durch das Kristallgitter eines Festkörpers. Dabei überlagern sich Elektronen und senden ultrakurze Lichtblitze aus, die an den Feldmaxima der Welle auftreten. Darstellung: B. Baxley (parttowhole.com) – Zur ausschließlichen Verwendung im Rahmen der Berichterstattung zu dieser Pressemitteilung.

Die rasante Entwicklung in der Elektronik mit Taktraten bis in den Gigahertz-Bereich hat unser Alltagsleben revolutioniert. Sie stellt jedoch auch Forscher weltweit vor eine zentrale Frage: Gibt es eine fundamentale Grenze für Schaltgeschwindigkeiten in der Elektronik?

Alle elektronischen Bauelemente basieren auf der Bewegung von Elektronen in einem Festkörper durch ein elektrisches Feld. Wie aber realisiert man elektrische Felder, die schneller oszillieren als es die derzeitige Elektronik zulässt? Die Antwort ist naheliegend und faszinierend zugleich: Man nutzt das schnellste elektrische Wechselfeld, das in der Natur zu finden ist: eine Lichtwelle.

Forscher der Universität Regensburg um Prof. Dr. Rupert Huber (Lehrstuhl für Experimentalphysik) haben es in Kooperation mit Kollegen an der Universität Marburg erstmals geschafft, die durch einen starken Lichtimpuls im mittleren Infrarot getriebene Elektronenbewegung in einem Halbleiter direkt zu beobachten.

Das bahnbrechende Experiment an der Regensburger Terahertz-Hochfeldquelle erlaubt es damit zum ersten Mal, die von den beschleunigten Elektronen ausgesandte Strahlung – die sogenannten „Hohen Harmonischen“ – gleichzeitig mit dem treibenden Lichtfeld zu messen. Sie werden als ultrakurze Lichtblitze abgestrahlt, deren Emissionszeitpunkt nun mit einer Genauigkeit von einer Femtosekunde – dem millionsten Teil einer Milliardstel Sekunde – bestimmt werden konnte. Die Experimente an der Universität Regensburg wurden von eigens dafür entwickelten Vielteilchen-Simulationen der Marburger Physiker begleitet.

Experimente und Simulationen förderten ein überraschendes Verhalten der Elektronen zutage: Innerhalb einer extrem kurzen Zeitspanne nach ihrer Anregung durch das starke Lichtfeld ist die Energie der Elektronen zunächst nicht eindeutig bestimmt. Sie befinden sich vielmehr in oszillierenden Mischzuständen, die sich je nach Richtung des Lichtfeldes gegenseitig auslöschen oder verstärken.

Während quantenmechanische Effekte dieser Art meist nur auf besonders kleinen Längenskalen und bei minimalinvasiven Messmethoden sichtbar werden, verhält sich das neu entdeckte Phänomen genau umgekehrt: Je stärker das treibende Lichtfeld, desto ausgeprägter ist der Effekt.

Diese Beobachtungen geben nicht allein erstmalig Aufschluss über die genaue zeitliche Struktur der „Hohen Harmonischen“ aus Festkörpern. Sie sind auch richtungsweisend für Konzepte zur Entwicklung einer neuartigen „Lichtwellen-Elektronik“ – der Hochgeschwindigkeitselektronik der Zukunft.

Titel der Originalpublikation:
M. Hohenleutner, F. Langer, O. Schubert, M. Knorr, U. Huttner, S. W. Koch, M.Kira und R. Huber, Real-time observation of interfering crystal electrons in high-harmonic generation, Nature 2015

Die Publikation nach Ablauf der Sperrfrist im Internet unter:
http://dx.doi.org/10.1038/nature14652

Ansprechpartner für Medienvertreter:
Prof. Dr. Rupert Huber
Universität Regensburg
Lehrstuhl für Experimentalphysik
Tel.: 0941 943-2070
rupert.huber@physik.uni-regensburg.de

Media Contact

Alexander Schlaak idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.uni-regensburg.de/

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Energie und Elektrotechnik

Dieser Fachbereich umfasst die Erzeugung, Übertragung und Umformung von Energie, die Effizienz von Energieerzeugung, Energieumwandlung, Energietransport und letztlich die Energienutzung.

Der innovations-report bietet Ihnen hierzu interessante Berichte und Artikel, unter anderem zu den Teilbereichen: Windenergie, Brennstoffzellen, Sonnenenergie, Erdwärme, Erdöl, Gas, Atomtechnik, Alternative Energie, Energieeinsparung, Fusionstechnologie, Wasserstofftechnik und Supraleittechnik.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer