Zunehmende Gefahr für die ‘Arche Noahs’ der Biodiversität

Dies zeigt eine Studie, die mehr als 200 Wissenschaftler aus aller Welt gerade im Journal NATURE veröffentlicht haben. Zu den Autoren gehört auch Mark-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde – Leibniz-Institut für Evolutions- und Biodiversitätsforschung in Berlin. Mark-Oliver Rödel ist ein ausgewiesener Experte für die Amphibien Westafrikas.

Der Leiter der Studie, William Laurance, Professor an der James Cook University in Cairns, Australien, und am Smithsonian Tropical Research Institute in Panama, erläutert, dass “diese Naturschutzgebiete wie Arche Noahs der Biologischen Vielfalt sind. Manche dieser Arche Noahs drohen jedoch unterzugehen, obwohl sie unsere größte Hoffnung auf dauerhaften Erhalt der tropischen Wälder und ihrer fantastischen Biodiversität sind.”

William Laurance und sein Team untersuchten mehr als 30 verschiedene Gruppen von Tieren und Pflanzen – von Bäumen und Schmetterlingen bis zu Affen und großen Raubtieren – in zahlreichen Naturschutzgebieten in den Tropen Amerikas, Afrikas und des Asien-Pazifik-Raums. Zum einen wurde abgeschätzt, wie sehr sich dort die Bestände dieser Tier- und Pflanzengruppen in den letzten zwei bis drei Jahrzehnten verändert haben, zum anderen identifizierten die Wissenschaftler die Umweltveränderungen, die diese Naturschutzgebiete bedrohen könnten. Als außerordentlich hilfreich erwiesen sich dabei die langjährigen Beobachtungen von Experten wie Mark-Oliver Rödel. Zusammenfassend stellt William Laurance fest, dass Naturschutzgebiete zwar hilfreich sind, um den darin enthaltenen Wald zu schützen, dass aber dennoch rund die Hälfte dieser Schutzgebiete damit kämpfen, ihre Biologische Vielfalt zu erhalten.

“Das Erschreckendste an unseren Ergebnissen,” ergänzt Carolina Useche vom Humboldt Institut in Kolumbien, “ ist, wie weit gefächert der Rückgang der Arten in den betroffenen Gebieten ist. Es sind nicht nur ein paar wenige Tier- und Pflanzengruppen, die leiden, sondern eine beunruhigend große Anzahl Arten.” Betroffen sind unter anderem große Raubtiere, andere Großtiere, zahlreiche Affenarten, alte Bäume sowie Fische und Amphibien in Fließgewässern.

Die Wissenschaftler fanden heraus, dass diejenigen Naturschutzgebiete am stärksten betroffen sind, welche nur schlecht geschützt werden und durch illegale Besiedelung, Jagd und Abholzung beeinträchtigt werden. Kadiri Serge Bobo von der University of Dschang in Kamerun betont, dass es nicht nur darauf ankommt, was innerhalb des Schutzgebietes passiert. “Fast genauso wichtig ist das, was drum herum passiert. 85 Prozent der Schutzgebiete, die wir untersucht haben, verloren in den letzten 20 bis 30 Jahren Wald in ihrer Umgegend, aber nur zwei Prozent verzeichneten eine Zunahme des umgebenden Waldes.” Die Abholzung schreitet in den tropischen Ländern schnell voran und die meisten Schutzgebiete verlieren ihren umgebenden Wald teilweise oder ganz. Die Forschergruppe stellte fest, dass viele Naturschutzgebiete wie Spiegel sind: Sie spiegeln die Gefährdungen und Änderungen ihrer Umgebung wider. “Wenn es zum Beispiel viele Feuer und illegalen Bergbau um einen Park herum gibt, können diese Gefahren bis zu einem gewissen Grad auch in den Park eindringen”, erläutert Carolina Useche.

Die Mindestanforderung, so die Wissenschaftler, bestehe darin, die Schutzgebiete besser zu schützen. Das bedeutet konkret, die Gefahren innerhalb und außerhalb des Gebiets zu bekämpfen und die örtliche Bevölkerung für den Schutz der Gebiete zu gewinnen. Solche Maßnahmen werden helfen, die Schutzgebiete resistenter gegen zukünftige Bedrohungen wie den Klimawandel zu machen.

“Wir haben keine Wahl,” betont William Laurance. “Die tropischen Wälder sind die artenreichsten Gebiete der Erde und ein bedeutender Teil dieser Biologischen Vielfalt wird ohne gut geschützte Gebiete verschwinden.”

Weitere Information sind erhältlich bei:
Prof. William Laurance
James Cook University, Cairns, Queensland, Australien
Email: bill.laurance@jcu.edu.au
Tel: +61-7-4038-1518 und +61-7-4042-1819

Veröffentlichung:
Laurance, William F., and 215 coauthors. 2012. Averting biodiversity collapse in tropical forest protected areas. Nature, DOI:10.1038/nature11318
Veröffentlichung online am 26. Juli 2012.

Kontakt am Museum für Naturkunde Berlin:
Dr. Andreas Kunkel, Museum für Naturkunde, Tel. +49(0)30 2093 8690 Fax. +49(0)30 2093 8651, e-mail andreas.kunkel@mfn-berlin.de

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