Wie Forscher Bakterien neues Verhalten beibringen

In Wirklichkeit sind ihre Proben nicht so farbenfroh wie Legosteine, aber ähnlich wie beim Baukastenprinzip kombiniert Johanna Roßmanith Module der Bakterien-RNA neu miteinander. © RUB; Marquard

Bakterien reagieren auf Temperatur und Stoffwechselprodukte

Johanna Roßmanith und ihr Doktorvater Prof. Dr. Franz Narberhaus vom Lehrstuhl für Biologie der Mikroorganismen konnten in einer Studie steuern, welche Proteine ein Bakterium herstellt und wie es sich verhält. So brachten sie zum Beispiel ein Bakterium zum Schwimmen, das vorher unfähig war, sich fortzubewegen. Die Forscher machten es möglich, indem sie verschiedene Module aus der RNA des Bakteriums neu kombinierten.

In der Studie, die in der Zeitschrift Nucleic Acids Research veröffentlicht wurde, setzten die Biologen sogenannte Riboswitche, auch RNA-Schalter genannt, und RNA-Thermometer ein. Riboswitche nehmen wahr, ob ein bestimmtes Stoffwechselprodukt in der Zelle im Überschuss vorliegt und regulieren bei Bedarf die Biosynthese oder Aufnahme dieser Substanz.

RNA-Thermometer kontrollieren eine Reihe von temperaturabhängigen Prozessen. Zum Beispiel bemerkt ein Bakterium, das aus kontaminiertem Wasser in einen menschlichen Körper gelangt, den damit verbundenen Temperaturunterschied. Daraufhin produziert es bestimmte Faktoren, die zur Infektion des Wirtes führen.

Mix and Match von Bausteinen

„Regulatorische RNA-Module sind für Anwendungen in der synthetischen Biologie attraktiv, weil sie Signale aus der Umwelt direkt wahrnehmen und unmittelbar die darauffolgenden Gene an- oder abschalten“, erklärt Johanna Roßmanith.

Eine offene Frage war, ob solche Bausteine aus der Natur wie Legobausteine beliebig miteinander kombinierbar sind, um neuartige Sensoren zu entwickeln. Für ihre Arbeit setzte die Doktorandin verschiedene Riboswitche ein, die sie seriell an ein RNA-Thermometer koppelte.

In einer alternativen Strategie integrierte sie die Thermometerstruktur in den Riboswitch. Auf beiden Wegen konnte sie neuartige funktionale Elemente erzielen, die auf die Kombination eines chemischen und eines physikalischen Signals, hier der Temperatur, reagierten.

Bakterien das Schwimmen beibringen

Um das Bakterium aus dem obigen Beispiel zum Schwimmen zu bringen, brachten die Forscher ein Gen, das für die bakterielle Fortbewegung verantwortlich ist, unter die Kontrolle der neu kombinierten RNA-Regulatoren. Voraussetzung für den Erfolg war die richtige Signalkombination. Der Riboswitch benötigte zum Beispiel einen bestimmten chemischen Stoff in Kombination mit einer bestimmten Temperatur.

Potenzial in der Biotechnologie

„Ganz so modular wie Klötze aus dem Baukasten sind RNA-Schalter nun doch nicht“, gibt Franz Narberhaus zu. „Frau Roßmanith musste viele Kombinationen ausprobieren und optimieren, bevor sie funktionale Blöcke erzielte. Unsere Ergebnisse zeigen aber, dass RNA-Module großes Potenzial in der Biotechnologie haben, um Prozesse in der Bakterienzelle ganz gezielt zu steuern.“

Originalveröffentlichung

J. Roßmanith, F. Narberhaus (2016): Exploring the modular nature of riboswitches and RNA thermometers, Nucleic Acids Research, DOI: 10.1093/nar/gkw232

Weitere Informationen

Prof. Dr. Franz Narberhaus, Lehrstuhl Biologie der Mikroorganismen, Fakultät für Biologie und Biotechnologie, Ruhr-Universität Bochum, Tel.: 0234 32 23100, E-Mail: franz.narberhaus@rub.de

http://aktuell.ruhr-uni-bochum.de/pm2016/pm00057.html.de

Media Contact

Raffaela Römer idw - Informationsdienst Wissenschaft

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer