Was leisten Meeresschutzgebiete für Korallenriffe?

Fischreiches Korallenriff in einem Nationalpark vor Thailand Foto: Melanie Bon, Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung

Mit seiner Forschung an Schutzgebieten vor der indonesischen Insel Sulawesi trug auch der Riffökologe Dr. Sebastian Ferse vom Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT) zur der Untersuchung bei. „Wir konnten zeigen, dass der Einfluss des Menschen in der Umgebung der Riffe darüber bestimmt, welche Schutzziele erreicht werden“, berichtet Ferse.

Schutzgebiete in dicht besiedelten Gegenden beherbergten im Vergleich zu solchen in menschenleeren Regionen nur ein Viertel der Fischbiomasse. Ein Grund dafür ist die illegale Fischerei. Auch schwimmen Fische über die Grenzen des Schutzgebietes hinweg in Bereiche mit freiem Zugang für Fischer.

Die Wissenschaftler verglichen aber auch geschützte mit ungeschützten Gebieten, die jeweils unterschiedlich starkem Einfluss durch den Menschen ausgesetzt sind. „Dadurch konnten wir herausfinden, unter welchen Bedingungen Schutzmaßnahmen den größten Effekt erzielen“, sagt Sebastian Ferse.

In Regionen mit hoher Bevölkerungsdichte fanden die Forscher in den Schutzgebieten bis zu fünfmal mehr Fischbiomasse als in frei befischten Riffen. Für die meisten Fischarten kann das beste Schutzergebnis demnach dort erzielt werden, wo der Mensch bereits einen recht starken Einfluss auf die Riffe ausübt. Die angrenzenden Meeresgebiete profitieren außerdem davon, wenn im Schutzgebiet aufgewachsene Fische sich in benachbarten Riffen ansiedeln.

Für die großen Raubfische, wie Haie und Riffbarsche, sah das Ergebnis allerdings anders aus. Die Wahrscheinlichkeit, in den Schutzgebieten dicht bevölkerter Regionen diesen Raubfischen zu begegnen, war um ein Hundertfaches niedriger als in menschenleeren Gegenden. Rund 200 Tauchgänge waren dort nötig, um einen der großen Raubfische zu sehen, an unbesiedelten Orten gelang dies hingegen bei fast jedem zweiten Tauchgang.

“Dies liegt daran, dass sich große Raubfische auch in großen Arealen bewegen und daher häufiger über die Grenzen des Schutzgebietes hinausschwimmen“, so Ferse. „Ausserdem zielt die Fischerei meist zunächst auf die größten Fische ab, so dass diese als erste dezimiert werden“. Geht es also darum, große Raubfische wie den vielerorts bedrohten Hai zu schützen, so sollten sich die Schutzbemühungen auf entlegenere Gegenden konzentrieren.

An vielen Standorten ist es aufgrund der sozialen, ökonomischen und kulturellen Bedingungen nicht realistisch, Schutzgebiete mit einem vollständigen Verbot der Fischerei durchzusetzen. „In der Studie untersuchten wir daher ausserdem die Wirksamkeit von eingeschränkter Fischerei, die zum Beispiel nur ausgewählte Fangmethoden zulässt“, erklärt Sebastian Ferse. „Ein solches Schutzkonzept ist meist einfacher zu akzeptieren und stellt einen Kompromiss dar.“

Die Wissenschaftler werteten die Ergebnisse als ermutigend. Auch wenn der Effekt nicht so groß war wie bei einem vollständigen Schutz, gäbe es durchaus deutlich mehr Fischbiomasse in diesen Gebieten als in solchen, die überhaupt keine Beschränkungen aufwiesen. Die Forschungsergebnisse bieten Umweltmanagern Informationen darüber, unter welchen Bedingungen bestimmte Ziele von Schutzmaßnahmen am wirkungsvollsten erreicht werden können.

Publikation
Die Studie mit dem Titel “The gravity of human impacts mediates coral reef conservation gains” ist diese Woche online in der Fachzeitschrift Proceedings of the National Academy of Sciences erschienen: www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1708001115

Kontakt
Dr. Sebastian Ferse
Leibniz-Zentrum für Marine Tropenforschung (ZMT)
Tel: 0421 / 23800-28
Mail: sebastian.ferse@leibniz-zmt.de

Media Contact

Dr. Susanne Eickhoff idw - Informationsdienst Wissenschaft

Weitere Informationen:

http://www.leibniz-zmt.de

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