Umsetzung des Erbguts beim Zebrafisch ist variabel

Der Zebrafisch oder auch Zebrabärbling dient als Modellorganismus für die Forschung zur embryonalen Entwicklung von Wirbeltieren. Bild: KIT

Auch nach der Sequenzierung verschiedener Genome, unter anderem der Entschlüsselung des menschlichen Erbguts, sind noch viele Fragen zu Struktur und Funktion genetischer Information offen. So suchen Wissenschaftler auf der DNA (Desoxyribonukleinsäure), dem Träger der Erbinformation, nach der Grammatik, welche die Umsetzung der Information reguliert.

Ergebnis dieser sogenannten Genexpression ist die RNA (Ribonukleinsäure), die wiederum die genetische Information in Proteine umsetzt. Ein wesentlicher Prozess der Genexpression ist die Transkription, bei der RNA nach einer DNA-Vorlage synthetisiert wird. Wo genau die Transkription beginnt, welche regelmäßig wiederkehrenden DNA-Abschnitte, DNA-Modifikationen oder Strukturveränderungen der DNA erforderlich sind, um den Transkriptionsstart zu bestimmen, ist noch weitgehend ungeklärt.

Das vollständige Verständnis der Transkriptionsregulation könnte es ermöglichen, gezielt in diese Mechanismen einzugreifen, beispielsweise neue Medikamente gegen Krankheiten zu entwickeln.

Eine internationale Gruppe von Wissenschaftlern, unter ihnen Uwe Strähle, Leiter des Instituts für Toxikologie und Genetik (ITG) des KIT, und seine Mitarbeiter Dr. Olivier Armant und Dr. Marco Ferg, hat die Vorgänge um den Transkriptionsstart nun beim Zebrafisch genauer untersucht. Das ITG des KIT betreibt mit dem Europäischen Zebrafisch-Ressourcenzentrum (EZRC) ein zentrales Archiv zur Haltung und Verteilung der Fische sowie ein Screening-Zentrum.

Der Zebrafisch oder auch Zebrabärbling gilt in der Genetik als wichtiger Modellorganismus für Untersuchungen an Wirbeltieren. Mithilfe des Hochdurchsatzverfahrens CAGE (Cap analyis of Gene Expression) ermittelten die Forscher die Transkriptionsstartpunkte von vielen Tausend Genen zu verschiedenen Zeiten der Embryonalentwicklung des Zebrabärblings.

Der Vergleich der Daten zeigte, dass sich die Verwendung bestimmter Startpunkte besonders in zwei Phasen der Entwicklung unterscheidet: vor und nach der Aktivierung des embryonalen Genoms. „Vor dieser Aktivierung kann der wachsende Embryo bei der Herstellung von Proteinen auf Transkripte zurückgreifen, welche die Mutter im Ei deponiert hat“, erklärt Dr. Marco Ferg vom ITG des KIT.

„Dabei fungiert das mütterliche Genom als Matrize, das heißt als komplementäre Vorlage. Nach der Aktivierung des embryonalen Genoms werden die Transkripte dann neu hergestellt, als Matrize dient nun das Genom des Embryos.“ Mithilfe der am ITG eingesetzten sogenannten Next Generation Sequencing Methoden, welche die Entschlüsselung unbekannter DNA-Sequenzen im Hochdurchsatzverfahren erlauben, stellten die Forscher erstmals fest, dass in den verschiedenen Entwicklungsphasen unterschiedliche Transkriptionsmechanismen greifen.

Ob die gezielte Verwendung von Transkriptionsstartpunkten ein weitverbreiteter Mechanismus zur Genregulation ist, müssen nun weitere Studien klären. „Wenn dies der Fall ist, könnte sich eine neue Möglichkeit ergeben, die Transkription zu steuern und Krankheiten wie Krebs, die durch fehlerhafte Transkription ausgelöst werden können, gezielt entgegenzutreten“, sagt Marco Ferg. „Allerdings befinden wir uns derzeit noch auf der Ebene der Grundlagenforschung.“

Vanja Haberle, Nan Li, Yavor Hadzhiev, Charles Plessy, Christopher Previti, Chirag Nepal, Jochen Gehrig, Xianjun Dong, Altuna Akalin, Ana Maria Suzuki, Wilfred F.J. van IJcken, Olivier Armant, Marco Ferg, Uwe Strähle, Piero Carninci, Ferenc Müller & Boris Lenhard: Two independent transcription initiation codes overlap on vertebrate core promoters. Nature (2014). DOI: 10.1038/nature12974

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