Schaltplan der Gene in komplexen Geweben verstehen

Quelle: Benedikt Rauscher/DKFZ

Gene sind Teamplayer. Veränderungen in einer Erbanlage wirken sich häufig auf die Aktivität einer Vielzahl anderer Gene aus – mit weitreichenden Folgen: „Das Zusammenspiel sehr vieler Genaktivitäten macht die Identität einer Zelle aus und entscheidet letztendlich darüber, ob beispielsweise eine Nervenzelle oder ein weißes Blutkörperchen entsteht – bei weitestgehend identischem Erbgut“, erklärt Michael Boutros vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

Schaltpläne, die die Gesamtheit solcher genetischer Abhängigkeiten abbilden, wurden zunächst für Einzeller wie die Hefe erstellt, später auch für Zellen höherer Organismen in der Kulturschale.

Die Herausforderung ist nun, solche Analysen auf die teilweise kompliziert aufgebauten Gewebe von Vielzellern auszudehnen, die meist aus verschiedenen Zelltypen bestehen, sich im Verlaufe des Lebens weiterentwickeln und auf veränderte Umweltbedingungen reagieren müssen.

Mit „DECODE“ wollen Forscher aus drei Heidelberger Institutionen jetzt den Beweis antreten, dass solche Analysen möglich sind. Der Europäische Forschungsrat ERC fördert das ambitionierte Vorhaben mit einem „Synergy Grant“.

Beteiligt sind neben Boutros Wolfgang Huber vom European Molecular Biology Laboratory (EMBL), Jan Lohmann von der Universität Heidelberg sowie Oliver Stegle vom DKFZ und dem EMBL. Die Stärke des DECODE-Teams ist, dass es exzellente Expertise im Bereich der Einzelzellanalysen und des Genome-Engineerings mit hochkarätiger Bioinformatik vereint.

Das Team will sich zuerst auf zwei Modellsysteme konzentrieren: den Darm der Fruchtfliege Drosophila sowie die Wurzelspitze der Ackerschmalwand Arabidopsis – dem beliebtesten Untersuchungsobjekt der Botaniker.

Mit der Genschere CRISPR-Cas wollen die Forscher rund 3000 ausgewählte Gene ausschalten, einzeln oder sogar paarweise – und beobachten, was passiert: „Wir sind heute in der Lage, auf der Ebene einzelner Zellen die RNA-Moleküle zu analysieren. Daran können wir erkennen, welche Änderungen in der Aktivität aller Gene unser jeweiliger Eingriff ausgelöst hat“, erklärt Michael Boutros.

So wollen die Forscher verstehen, wie sich die genetischen Schaltpläne im Zuge der Entwicklung und Differenzierung eines Gewebes verändern oder in Antwort auf einen äußeren Reiz, etwa einen Giftstoff, reagieren.

„Drosophila und Arabidopsis wurden bereits genau untersucht und haben kompakte Genome, und eigenen sich daher besonders gut für unser Vorhaben. Unser Projekt ebnet aber auch den Weg für vergleichbare Studien an menschlichen Zellen“, sagt Oliver Stegle. „Wenn wir Störungen im genetischen Schaltplan von Zellen verstehen, die etwa bei Entzündungen oder bei Krebs auftreten, so könnte das ganz neue Möglichkeiten für die Entwicklung neuer Therapeutika eröffnen.“

Mit seinen „Synergy Grants“ unterstützt der ERC kleine Teams von Wissenschaftlern, die gemeinsam komplexe Forschungsprobleme lösen wollen und dabei disziplinübergreifend verschiedene Techniken und Fertigkeiten zusammenbringen. Das DECODE-Team hat sich in einem hoch kompetitiven Bewerbungsverfahren durchgesetzt, nur einer von zehn eingereichten Projektanträgen wurde ausgewählt. „DECODE“ wird nun über sechs Jahre mit 10,6 Millionen € unterstützt.

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Ein Video zum SYNGENE-Grant von Michael Boutros finden Sie unter https://www.youtube.com/watch?v=0pTppWwjyE4.

Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.000 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Krebsinformationsdienstes (KID) klären Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise über die Volkskrankheit Krebs auf. Gemeinsam mit dem Universitätsklinikum Heidelberg hat das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) Heidelberg eingerichtet, in dem vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik übertragen werden. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums ist ein wichtiger Beitrag, um die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.

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