Gleichzeitige Brut und Mauser verringert Fitness
Mauser und Fortpflanzung kosten Vögel viel Energie. Für die Tiere wäre es also naheliegend, die beiden Vorgänge zeitlich voneinander zu trennen. Trotzdem mausern und brüten viele Graubrust-Buschammern (Atlapetes schistaceus) im kolumbianischen Regenwald gleichzeitig.
Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Ornithologie in Radolfzell und der Princeton Universität haben deshalb untersucht, ob den Tropenvögeln durch die Doppelbelastung evolutionäre Nachteile entstehen. Demnach sind die Schwungfedern von Vögeln, die gleichzeitig brüten und sich mausern, leichter und kürzer als bei Tieren, die beide Phasen nacheinander durchlaufen. Außerdem flüchten sie im Schnitt langsamer. Wahrscheinlich wird dieser Verlust an evolutionärer Fitness von bislang unbekannten positiven Auswirkungen ausgeglichen.
Da sich Federn laufend abnutzen, erneuern Vögel in regelmäßigen Abständen ihr Gefieder. Während der Mauser können die Tiere nur eingeschränkt oder gar nicht fliegen und sind schlechter vor Kälte geschützt. Die Mauser verbraucht zudem viel Energie. Vögel verzichten deshalb während der Mauser auf andere energieaufwändige Vorgänge. So laufen Mauser und Fortpflanzung meist zeitlich getrennt ab, da beide sonst um wertvolle Energiereserven konkurrieren.
Bei manchen tropischen Vogelarten überlappen sich jedoch Brut und Mauser. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Ornithologie und der Princeton Universität haben in Kolumbien freilebende Graubrust-Buschammern (Atlapetes schistaceus) untersucht und den Grad der Mauser und den Fortpflanzungsstatus anhand der Größe ihrer Geschlechtsdrüsen und des Zustandes ihrer Federn dokumentiert.
Ein Vergleich der Gefiederqualität ergab, dass Mauser und Brutgeschäft tatsächlich um energetische Ressourcen konkurrieren. „Die Federn der Tiere, die gleichzeitig mausern und brüten, sind kürzer und beinahe um die Hälfte leichter, als die der Vögel die nur mausern. Die Folge sind kleinere, instabilere Flügel“, sagt Maria A. Echeverry-Galvis, eine Doktorandin/Mitarbeiterin von Michaela Hau vom Max-Planck-Institut für Ornithologie.
Kürzere Federn und Flügel könnten sich nachteilig auf die Flugeigenschaften der Vögel auswirken. Die Ornithologen haben deshalb auch die Geschwindigkeit gemessen, mit der die Tiere bei Erschrecken auffliegen. „Buschammern, die gleichzeitig mausern und sich fortpflanzen, fliehen fast 30 Prozent langsamer als reine Brüter oder Mauserer. Sie können dadurch leichter zur Beute von Raubtieren werden. Das gleichzeitige Mausern und Brüten bedeutet also einen erheblichen Fitnessverlust für die Buschammern“, sagt Echeverry-Galvis.
Warum manche Vögel trotzdem gleichzeitig mausern und sich fortpflanzen, wissen die Forscher noch nicht. Sie vermuten, dass noch unbekannte Faktoren die schlechte Federqualität ausgleichen. Möglicherweise nehmen die Vögel ab, wenn sie mit kleineren Flügeln dasselbe Gewicht transportieren müssen – das könnte den Verlust an Flügelfläche während der Mauser kompensieren. „Außerdem haben wir festgestellt, dass die Buschammern, die parallel mausern und brüten, im Durchschnitt etwas größer sind. Vielleicht können also nur große und starke Individuen beides gleichzeitig auf sich nehmen“, sagt Michaela Hau.
Ansprechpartner
Prof. Dr. Michaela Hau
Max-Planck-Institut für Ornithologie, Teilinstitut Radolfzell, Radolfzell
Telefon: +49 7732 1501-13
E-Mail: mhau@orn.mpg.de
Originalpublikation
Maria Angela Echeverry-Galvis & Michaela Hau
Flight performance and feather quality: paying the price of overlapping moult and breeding in a tropical highland bird
PLoS One, 9 May 2013
Media Contact
Weitere Informationen:
http://www.mpg.de/7132058/Buschammern-FitnessAlle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie
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