Eine neue Rolle für Vitamin B6 in Pflanzen

Junge Arabidopsis Pflanzen: wild (oben) und mit Mangel an PDX3 (unten). Teresa Fitzpatrick, UNIGE

Vitamin B6 existiert als sogenannte Vitamere in sechs verschiedenen Formen. Es wird von Pflanzen, Bakterien und Pilzen produziert, nicht aber von Tieren. Für alle lebenden Organismen ist es wesentlich, da es an zahlreichen zellulären Abläufen beteiligt ist.

Es ist jedoch nicht bekannt, warum Organismen mehrere Vitamere haben und ob ihre Balance (Homöostase) von Bedeutung ist. Bei Pflanzen können die Vitamere durch verschiedene spezielle Pfade produziert werden. „Wir studieren diese Stoffwechselwege, um ihren Beitrag zur zellulären Vitamin B6 Homöostase und zu Wachstum und Entwicklung zu bestimmen“, erklärt Teresa Fitzpatrick, Professorin in der Abteilung für Botanik und Pflanzenbiologie der naturwissenschaftlichen Fakultät von UNIGE.

Gemeinsam mit Kollegen des Max-Planck-Instituts für molekulare Pflanzenphysiologie in Potsdam und der Universität Düsseldorf untersuchten die Wissenschaflter eine Version der Modellpflanze Arabidopsis thaliana (Ackerschmalwand), bei der das Enzym PDX3 fehlt. Überraschenderweise waren diese Pflanzen stark eingeschränkt in ihrem Wachstum und ihrer Entwicklung.

„Da Pflanzen, denen es an PDX3 mangelt, ein PMP genanntes Vitamer nicht umwandeln können, sammelt sich dieses in der Zelle an. Obwohl wir vermuteten, dass der hohe Gehalt an PMP eventuell die Ursache für die beobachteten Anomalien war, wussten wir zunächst nicht, welcher Mechanismus dem zugrunde liegt“, sagt Maite Colinas, Mitglied des Genfer Teams und Erstautorin der Studie.

Eine unerwartete Entdeckung lieferte die Antwort: die beobachteten Wachstumsanomalien wurden komplett aufgehoben, wenn die Pflanzen mit Ammonium versorgt wurden. „In den meisten natürlichen Böden ist Nitrat die Stickstoff-Hauptquelle für Pflanzen, da dort normalerweise nur sehr wenig Ammonium vorkommt.

Pflanzen müssen daher Nitrat aufnehmen und es in Ammonium umwandeln, das dann wiederum für die Biosynthese von Proteinen genutzt werden kann, um das Wachstum zu fördern“, bemerkt Teresa Fitzpatrick. Die Untersuchung der Biologen zeigt, dass ein hoher Gehalt von PMP in den PDX3-mangelnden Pflanzen die Umwandlung von Nitrat zu Ammonium beeinträchtigt, wodurch ein Ammoniumdefizit entsteht, das dann ein zu eingeschränktem Wachstum und Entwicklung führt.

Da eine Verbindung zwischen Stickstoff und Vitamin B6 Metabolismus bisher noch nicht beobachtet worden war, untersuchten die Biologen auch die potentiellen Interaktionen zwischen diesen beiden Prozessen in natürlichen Wildtyp-Pflanzen: dabei beobachteten sie in der Tat eine beträchtliche Ansammlung des PMP Vitamers bei Pflanzen, die mit Ammonium versorgt wurden.

„Wenn die Pflanze genug Ammonium erhalten hat, wird eine weitere Umwandlung von Nitrat verhindert, was sowohl die Verschwendung von Energie als auch die potentielle Toxizität begrenzt, die entstehen kann, wenn zu viel gemacht wird. Der Gehalt von PMP informiert die Pflanze daher wahrscheinlich über ihren Ammoniumstatus“, berichtet Maite Colinas.

Obwohl es allgemein bekannt ist, dass Pflanzen Stickstoff aus Nitrat oder Ammonium produzieren, um ihre Bedürfnisse zu stillen, war den Wissenschaftlern nicht klar, wie Pflanzen den Gehalt oder den Anteil dieser Verbindungen wahrnehmen. Nun haben die Forscher einen unerwarteten Mitspieler in diesem Prozess entdeckt: das Vitamer PMP.

Die Gruppe untersucht derzeit, ob der Stickstoffmetabolismus direkt von PMP kontrolliert wird oder indirekt über andere Verbindungen. In Zukunft könnte das Vitamin B6 dazu benutzt werden, den Gehalt verschiedener Formen von Stickstoff wie Nitrat oder Ammonium bei Pflanzen zu bestimmen. Dadurch könnte eventuell eine übermäßige Verwendung von Stickstoff enthaltenden Düngern verhindert werden, die schädliche Einflüsse auf die Umwelt haben.

http://www.unige.ch/ – Université de Genève

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Dipl. Ing. agr. Ursula Ross-Stitt Max-Planck-Institut für Molekulare Pflanzenphysiologie

Weitere Informationen:

http://www.mpimp-golm.mpg.de

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