BMBF-Projekt „CordiLux“ erforscht optisches Verfahren zur Früherkennung herzschädigender Arznei

3-dimensionale Teilrekonstruktion einer erwachsenen Herzmuskelzelle, die mit einem optischen Sensor gefärbt wurde. Zu erkennen ist die komplexe, netzartige Struktur der Zellmembraneinstülpungen. Im Projekt „CordiLux“ werden die von der Zellmembran erzeugten elektrischen Signale mithilfe der optischen Sensoren in der Zellmembran aufgezeichnet. Im Übersichtsbild ist die gesamte Länge der Zelle dargestellt (Pfeillänge: ca. 1/8 mm), in der Detailabbildung ein winziger Teil der Zellmembran (Pfeillänge: ca. 1/50 mm).<br>Darstellung: Uni<br>

Einen neuen Ansatz erforscht die Arbeitsgruppe des Homburger Zellbiologen Peter Lipp im Projekt „CordiLux“. Die Wissenschaftler verwenden isolierte Herzmuskelzellen und testen deren Reaktion auf neue Substanzen erstmals mittels einer optischen Methode. Das auf drei Jahre angelegte Projekt wird in Zusammenarbeit mit einem Firmenkonsortium durchgeführt, umfasst knapp vier Millionen Euro und wird vom Ministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit circa 2,5 Millionen Euro gefördert.

Davon fließen etwa 550.000 Euro an die Medizinische Fakultät der Universität des Saarlandes. Projektstart war am 1. Juli.

Medikamente können lebensbedrohliche Schäden am Herz hervorrufen, insbesondere wenn sie über längere Zeit hinweg eingenommen werden. Solche unerwünschten Nebenwirkungen sind einer der Hauptgründe dafür, dass bereits zugelassene Medikamente vom Markt genommen werden. Zwar müssen alle neuen Wirkstoffe seit 2005 auf eine mögliche herzschädigende Wirkung hin untersucht werden, doch die bisher verwendeten Hochdurchsatz-Tests sind wenig aussagekräftig, da sie lediglich an einem einzigen isolierten Eiweiß durchgeführt werden. Weitere Überprüfungen finden nicht statt, bevor die Substanzen im Tierversuch getestet werden.

Diese Lücke will das „CordiLux“-Konsortium schließen. Ihm gehören neben dem Institut für Molekulare Zellbiologie von Professor Peter Lipp auch die beiden saarländischen Firmen Pharmacelsus GmbH (Saarbrücken) und Phast GmbH (Homburg) sowie fünf weitere deutsche Firmen an. Von den etwa 2,5 Millionen Euro Projektförderung im Rahmen des BMBF-Forschungsschwerpunktes Biophotonik fließen etwa eine Million Euro ins Saarland. „Unser neuer Ansatz besteht darin, dass wir die Tests an adulten Herzmuskelzellen durchführen“, erklärt Lipp, der sich in Homburg seit 2002 mit den zellulären und molekularen Grundlagen von Herzkrankheiten beschäftigt. „Die isolierten Herzzellen, die in der Regel von Tieren stammen, reagieren nach Stimulation durch ein elektrisches Signals mit einer elektrischen Aktivität, die nahezu ebenso aussagekräftig ist wie das EKG des Herzmuskels.“ Damit könnten die Messungen an einzelnen isolierten Herzzellen dazu beitragen, die Zahl von Tierversuchen wesentlich zu verringern.

Auch methodisch geht das Wissenschaftler-Team, dem neben Zellbiologen und Biochemikern auch Physiker und eine Tierärztin angehören, neue Wege. Bisherige Methoden zur Messung der elektrischen Aktivität einer Zelle sind langwierig und für den industriellen Maßstab unbrauchbar. Im aktuellen Projekt nutzen die Forscher das Verfahren der Fluoreszenzmikroskopie. „Wir wollen die elektrische Aktivität der Herzzelle mit Licht messen, daher auch der Projektname CordiLux, also ‚Herzlicht’“, sagt Peter Lipp. Der Vorteil: „Eine optische Messung ist berührungslos möglich, und mit einer automatisierten Variante ließe sich ein sehr hoher Probendurchsatz erreichen.“ Die Zellen werden hierfür mit speziellen Fluoreszenzfarbstoffen eingefärbt, die als Sensoren wirken. „Das heißt, die Farbstoffe ändern ihre optischen Eigenschaften, wenn sich die elektrische Aktivität ändert“, erklärt Lars Kaestner, der Projektverantwortliche im Uni-Team. Bis zu eintausend Bilder pro Sekunde soll das Fluoreszenzmikroskop aufnehmen um damit den wichtigsten Messparameter, die Länge des elektrischen Zellsignals, exakt bestimmen können. „Damit wird es zum ersten Mal möglich sein, in Echtzeit und online zu beobachten, ob und wie Wirkstoffe Änderungen an der Herzzelle hervorrufen, die später zu tödlichen Herzschädigungen führen können“, sagt Kaestner.

Ziel der Wissenschaftler an der Medizinischen Fakultät der Saar-Uni und der beteiligten Firmenpartner ist es, alle Arbeitsschritte von der Behandlung und Kultivierung der Zellen bis zur Bildauswertung in einem vollautomatischen Messgerät zu integrieren – ein Vorhaben, das die Bereiche der Zellbiologie, der optischen Bildgebung und -verarbeitung, der Soft- und Hardware-Entwicklung und der Robotik zusammenführt.

Für weitere Informationen wenden Sie sich bitte an:
Institut für Molekulare Zellbiologie, Forschungsstelle für Molekulares Imaging und Screening
Prof. Dr. Peter Lipp
Tel. 06841 16-26103, E-Mail: Peter.Lipp@uniklinikum-saarland.de
Dr. Lars Kaestner
Tel. 06841 / 16-26149, E-Mail: lars_kaestner@me.com
Internet: http://www.lipplab.de
Informationen zum BMBF-Forschungsschwerpunkt Biophotonik:
http://www.biophotonik.org

Media Contact

Gerhild Sieber Universität des Saarlandes

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer