Bisondame „Marla“ mit eigenem Barcode

„Marla“ kurz nach ihrer Geburt 2012. Die Bisondame ist mittlerweile in den Zoo von Leipzig umgezogen Foto: Tierpark Hellabrunn.

Gemeinsam ist man stärker: Die Zoologische Staatsammlung München kooperiert mit dem Münchener Tierpark Hellabrunn, um alle im Zoo gehaltenen Tierarten genetisch zu erfassen und die ermittelten Gencodes über eine Internetplattform allgemein zugänglich zu machen.

Ziel ist es, künftig auch große und kleine Zootiere sicher und langfristig nachprüfbar bestimmen zu können. Dabei reichen bereits kleine Proben der Tiere wie Abstriche, Haare, Federn, ein Tropfen Blut oder ein wenig Kot für eine zuverlässige Artbestimmung aus.

Die Waldbisonkuh „Marla“ machte den Anfang. Die Wissenschaftler erstellten aus einer Blutprobe den ersten DNA-Barcode des Zooprojektes. Das Tier musste dafür nicht extra bluten, weil die Probe bei einer regulären tierärztlichen Untersuchung gewonnen wurde.

In den nächsten Monaten sollen alle 700 Tierarten im Tierpark Hellabrunn genetisch erfasst werden. Dabei wird das sogenannte CO1-Gen aus den Mitochondrien analysiert, welches für jede Tierart der Welt unterschiedlich ausgeprägt ist. Der Genabschnitt kann dabei ähnlich wie ein Strich-Barcode auf den Verpackungen von Lebensmitteln dargestellt werden, weist aber vier Farben auf.

Die Spezialisten des Tierparks und der Zoologischen Staatsammlung München erhoffen sich aus dem Projekt zahlreiche Vorteile. „Bei vielen Säugetierarten ist es kaum möglich, an einem lebenden Tier die genaue Unterart und damit seine Herkunft zuverlässig festzustellen“, erläutert Dr. Christine Gohl, leitende Tierärztin in Hellabrunn, die Anforderungen moderner Zootierhaltung.

Die genetischen Sequenzen hingegen sind in fast allen Fällen eindeutig und verraten zuverlässig, welche Tierart man vor sich habe, sagt die Expertin weiter. Dies spielt vor allem bei internationalen Erhaltungszuchtprogrammen eine Rolle. Doch auch beim Erwerb neuer Tiere muss der Zoo stets akribisch überprüfen, was genau er denn in seinen wertvollen Tierbestand aufnimmt. 

Prof. Dr. Gerhard Haszprunar, der Leiter des Projektes, nennt weitere Anwendungen: „Der Zoll braucht DNA-Barcodes, um den Schmuggel geschützter Tierarten besser zu bekämpfen. Immer häufiger bringen Touristen Tiere oder Teile von Tieren über die Grenze. Künftig kann der Zollbeamte zum Beispiel bei Fellresten oder Schmuckgegenständen, die aus Tierteilen bestehen, schnell und zuverlässig feststellen, worum es sich genau handelt“. Auch falsch deklariertes Fleisch lässt sich so gerichtsfest zuordnen.

Da zunehmend Fleisch exotischer Tiere auf den deutschen Markt gelangt, wird das Gen-Barcoding bei Lebensmittelkontrollen vielleicht bald eine bedeutende Rolle spielen. Ein weiteres, völlig neues Feld ist zudem die Erfassung diverser Parasiten von Zoo- und Haustieren, deren Erforschung und Bekämpfung durch das genetische Barcoding erleichtert werden soll. 

Die Gensequenzierung erfolgte im Rahmen des Projektes „Barcoding Fauna Bavarica“, bei dem die Münchener Wissenschaftler alle bayerischen Tierarten genetisch erfassen und in einer Online-Bibliothek für Fachleute zur Verfügung stellen. Das Projekt ist Teil des internationalen DNA-Barcoding-Projektes iBOl mit Sitz in Kanada, welches das ehrgeizige Ziel verfolgt, alle Tierarten weltweit genetisch zu erfassen.

Ansprechpartner
Dr. O. Hawlitschek
Zoologische Staatssammlung
Münchhausenstr. 21
81247 München
Tel.: 089 / 8107 108
E-mail: hawlitschek@zsm.mwn.de

http://www.faunabavarica.de

http://www.snsb.de
http://www.zsm.mwn.de

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Dr. Eva-Maria Natzer idw - Informationsdienst Wissenschaft

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