Biomaterialien: Wie Zellen auf künstlichen Gelenken wachsen

Die Lebensqualität von Patienten, die an schweren Gelenkerkrankungen leiden, kann sich durch künstliche Gelenke wesentlich verbessern. Voraussetzung ist, dass die Implantate fest im Knochen verankert sind und sich die Verbindung zwischen Gelenk und Knochen nicht löst. Denn sonst müssen die Patienten in relativ kurzen Abständen mehrere Operationen durchstehen. Minh Tan Pham, Manfred Maitz und Kollegen vom Forschungszentrum Rossendorf (FZR), Dresden, beschäftigen sich mit der Frage, wie sich die Haltbarkeit von künstlichen Gelenken erhöhen und deren Bioverträglichkeit verbessern lässt. Maitz stellt das Projekt auf der Hannover Messe 2002 in Halle 18, Stand M16 (Forschungsland Sachsen) vor.

Auf Hüft- oder Kniegelenke wirken besonders große Kräfte, sie müssen das Mehrfache des Körpergewichts eines Menschen aushalten. Daher müssen Implantate, die Patienten wegen einer schweren Gelenkerkrankung erhalten, besonders gut im Knochen verankert sein. Doch gerade bei Rheuma- und Osteoporosepatienten sowie bei einigen anderen chronischen Erkrankungen bildet sich der Knochen leicht zurück, das Gelenk löst sich in relativ kurzer Zeit und muss wieder ausgetauscht werden.

Maitz und seinen Kollegen ist es gelungen, auf der Oberfläche der Implantate eine künstliche Schicht Knochenminerals zu bilden. Dazu wenden sie so genannte Ionenstrahlverfahren an. Sie wollen damit erreichen, dass das Implantat im Körper wie ein eigener Knochen anwächst. In Zellkulturversuchen hat sich gezeigt, dass sich Knochenzellen tatsächlich auf der Knochensubstanz deutlich stärker vermehren als auf dem unbehandelten Metall. Nun stehen noch Tierversuche aus. „Vor allem Risikopatienten könnten von so einer Anwendung profitieren“, erklärt Maitz, „denn bei denen wird der Knochen leicht spröde oder bildet sich zurück.“

In einem weiteren Projekt verbessern die Wissenschaftler die Oberflächeneigenschaften der künstlichen Gelenke: Die Implantate sind mit einem Metallschaft im Knochen befestigt. Besteht dieser aus Titan – wegen seiner guten Bioverträglichkeit ein häufig verwendetes Material – darf das künstliche Gelenk nicht mit Knochenzement fixiert werden. Der Zement würde auf das Metall wie grobes Schmirgelpapier wirken. Daher haben die Rossendorfer Wissenschaftler auf die Titanoberfläche harte Titan-Aluminium-Nitrid-Schichten aufgebracht, die den Abrieb verhindern sollen. Der Vorteil: Ein Chirurg könnte, ohne Komplikationen befürchten zu müssen, während einer Operation kurzfristig umdisponieren und auch ein Titan-Implantat einzementieren. Auch hier haben die Forscher in Zellkulturversuchen eine gute Bioverträglichkeit nachgewiesen.

Info: Das Forschungszentrum Rossendorf (FZR) ist Mitglied der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. (WGL). Der WGL gehören 79 außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an, von denen neben dem FZR noch drei weitere in Dresden ansässig sind. Die Institute der Leibniz Gemeinschaft arbeiten nachfrageorientiert und interdisziplinär; sie sind von überregionaler Bedeutung, betreiben Vorhaben im gesamtstaatlichen Interesse und werden deshalb von Bund und Ländern gemeinsam gefördert.

Forschungszentrum Rossendorf
Dr. Silke Ottow
Postfach 510119
01314 Dresden

s.ottow@fz-rossendorf.de

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Dr. Frank Stäudner idw

Weitere Informationen:

http://www.fz-rossendorf.de/hmi2002

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