Biologische Festkörper NMR-Spektroskopie bei höchsten Feldstärken

Zentrum für Biomolekulare Magnetische Resonanz erhält als zweite Institution weltweit eines der leistungsstärksten Geräte

Die DFG hat mehrere Millionen Euro für die Anschaffung eines 850 MHz Festkörper NMR-Spektrometers bewilligt. Es wird im Zentrum für Biomolekulare Magnetische Resonanz des Fachbereichs Biochemie, Chemie und Pharmazie im Labor von Prof. Clemens Glaubitz installiert und betrieben. Das Gerät wird voraussichtlich ab 2007 verfügbar sein.

Damit wird in Frankfurt das zweite 850 MHz Festkörper NMR-Spektrometer weltweit für die biomolekulare Forschung zur Verfügung stehen.

Die bisher für die Festkörper NMR genutzten Spektrometer arbeiten bei bis zu 750MHz; in Frankfurt bei 400 und 600MHz. Für Arbeiten an Molekülen in der flüssigen Phase leisten die Geräte bis zu 900MHz. Diese Frequenz bezeichnet die Präzession, also die Kreiselbewegung der Protonen der Probe um das angelegte Magnetfeld. Je schneller sie kreiseln, desto höher ist die spektrale Empfindlichkeit und die Auflösung des Gerätes. Der Einsatz des neuen Gerätes in Frankfurt zielt daher auf eine signifikante Empfindlichkeitssteigerung der Festkörper NMR durch höhere Feldstärken aber auch durch bessere Detektionssysteme.

Festkörper NMR (nuclear magnetic resonance) kommt insbesondere dann zur Anwendung, wenn die zu untersuchenden biomolekularen Systeme sich auf der Zeitskala der NMR-Spektroskopie sehr langsam oder fast nicht bewegen, also sich scheinbar wie „Festkörper“ verhalten. Hierzu gehören insbesondere unlösliche Systeme wie Membranproteine, fibrillenbildende globuläre Proteine oder einfach sehr große molekulare Komplexe.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Clemens Glaubitz beschäftigt sich vor allem mit Membranproteinen. Ein Schwerpunkt liegt herbei im Verständnis der Arbeitsweise bakterieller Multidrug-Transporter. Das sind integrale Membranproteine, die Antibiotika aus der Zelle durch die Membran transportieren und somit deren Resistenz erhöhen.

Festkörper NMR kommt auch zum Einsatz, um die Struktur von Hormonen, die an GPCRs (G-protein coupled receptors) gebunden sind, zu bestimmen. GPCRs gehören zu den pharmakologisch bedeutsamsten Membranproteinen und stellen wichtige ’Ziele’ (Targets) für die Medikamentenentwicklung dar. Hier bestehen enge Kooperationen mit dem Frankfurter Max-Planck-Institut für Biophysik; Prof. Helmut Michel.

Ein dritter Themenschwerpunkt richtet sich auf retinal-basierte Photosynthese in der durchlichteten Zone der Ozeane. Festkörper NMR wird hier eingesetzt, um Struk- tur, Funktion und Dynamik retinal-tragender Membranproteine aus gamma-Proteobakterien aus dem Plankton der Ozeane aufzuklären. Genauere Untersuchungen sollen Aufschluss darüber geben, wie diese Art der Photosynthese funktioniert. Bislang ging man von der Annahme aus, dass die meiste Energie vor allem auf Basis von Chlorophyll erzeugt wird.

Mit der Bewilligung dieses Gerätes folgt die DFG auch dem Konzept eines interuniversitären NMR-Zentrums, denn Gruppen aus Regensburg, Jena und Berlin werden zusätzlich Messzeit in Frankfurt erhalten, um an RNA-Protein-Komplexen, Membranproteinen sowie an siliziumhaltigen Zellwänden zu forschen. In Frankfurt werden nicht nur die Forschungsgruppen des BMRZ – Prof. Harald Schwalbe, Prionenproteine, RNA-Protein-Interaktionen, Prof. Volker Dötsch; große Proteinkomplexe, sondern auch die Projekte der SFBs Molekulare Bioenergetik (478), Functional Membrane Proteomics (628), RNA-Ligand Interactions (579) sowie des CMP profitieren. Die Bedeutung des BMRZ wird auch durch seine Funktion als Euroean Large Scale Facility unterstrichen.

Die Beschaffung dieses Hochleistungsspektrometers folgt einer gemeinsamen Initiative mit dem Göttinger MPI für Biophysikalische Chemie zur Verbesserung der verfügbaren Messempfindlichkeit der Festkörper NMR und deren Anwendung auf Membranproteine und aggregierte Proteinzustände.

Kontakt: Prof. Clemens Glaubitz; Institute for Biophysical Chemistry
Centre for Biomolecular Magnetic Resonance; Marie Curie Str. 9; 60439 Frankfurt; Tel.: 069-798-29927; Fax.: 069-798-29929; E-Mail: glaubitz@em.uni-frankfurt.de

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Dr. Ralf Breyer idw

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