Proteolyse in Prokaryonten. FU-Biologin koordiniert neuen DFG-Schwerpunkt

Die Lebensvorgänge in Bakterienzellen werden maßgeblich durch einen exakt nach Bedarf regulierten Proteinabbau gesteuert. Wie die Einzeller diese Prozesse regulieren und dabei zusätzlich noch eine Qualitätskontrolle der Proteine vornehmen, wird ab 2002 im DFG-Schwerpunktprogramm „Proteolyse in Prokaryonten“ erforscht. Die Koordination der interdisziplinären Arbeiten übernimmt Prof. Dr. Regine Hengge-Aronis von Institut für Biologie der Freien Universität Berlin.

Das Projekt ist eines von 15 neuen Schwerpunktprogrammen, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) ab Anfang 2002 mit insgesamt 78 Millionen DM gefördert werden. Die DFG will damit die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie die Kooperation verschiedener Forschungseinrichtungen unter einer gemeinsamen Thematik fördern. Am Projekt „Proteolyse in Prokaryonten“ werden voraussichtlich 18 Forschergruppen aus Deutschland und der Schweiz beteiligt sein.

Ihren evolutionären Erfolg verdanken Bakterien ihrer Fähigkeit, sich sehr rasch an wechselnde Umweltbedingungen anzupassen. Sie sind allgegenwärtig und auch in den lebensfeindlichsten Habitaten unseres Planeten zu Hause. Ob in sauren, heißen Quellen, im Stein oder im arktischen Eis – die „Extremisten“ fühlen sich überall pudelwohl. Ihre Adaptionsfähigkeit beruht auf einer hoch komplexen molekularen Signalverarbeitung und Regulation, die zu starken Veränderungen der Proteinzusammensetzung in den bakteriellen Zellen führen.

Bisher konzentrierten sich die Forschungen auf die regulatorischen Vorgänge bei der Proteinsynthese und damit auf die Kontrolle der Genexpression. Heute weiß man, dass auch Regulationsmechanismen, die nicht auf der DNA-Ebene stattfinden, eine wichtige Rolle spielen. Vor allem ein kontrollierter Abbau der Proteine (Proteolyse) scheint bei der Regulation von Stressantworten, Differenzierungsprozessen aber auch für die Virulenz von pathogenen Keimen von entscheidender Bedeutung zu sein. Daneben dient die Proteolyse einer Qualitätskontrolle, die sicherstellt, dass die Zelle nicht durch funktionsuntüchtige Proteine belastet wird. Obwohl die Mechanismen in höheren Lebewesen deutlich komplexer sind, gilt das gleiche Prinzip auch für pflanzliche, tierische und menschliche Zellen.

Die Arbeitsgruppe um Prof. Hengge-Aronis untersucht seit längerem, wie Bakterien als Antwort auf Umwelteinflüsse das Aktivitätsmuster ihrer Gene ändern. Nährstoffmangel, ungünstige Temperaturverhältnisse oder ein zu hoher Salzgehalt der Umgebung bedeuten Stress für die Einzeller. Aber welche Gene werden aktiviert und wie tragen die Genprodukte (Proteine und Enzyme) zum Überleben bei? Wie nimmt die Zelle den Stress überhaupt wahr und wie erfolgt die Genaktivierung auf molekularer Ebene? Für ihre grundlegenden Studien auf diesem Gebiet wurde die Mikrobiologin bereits 1998 mit dem Gottfried-Wilhelm-Leibnitz-Preis der DFG ausgezeichnet.

Im neuen DFG-Schwerpunkt sollen vor allem die molekularen Strukturen und Mechanismen des Proteinabbaus in Bakterien untersucht werden. Im Vordergrund stehen dabei Fragen der hochspezifischen molekularen Erkennung zwischen Proteinen sowie der Regulation durch extrazelluläre, aus der Umwelt stammende Signale. Die methodischen Ansätze werden von der Strukturbiologie über genetische, molekularbiologische und biochemische Methoden bis hin zur aktuellen Proteomforschung reichen.

Nähere Informationen erteilt Ihnen gern:
Prof. Dr. Regine Hengge-Aronis, Institut f. Biologie der Freien Universität Berlin, Königin-Luise-Str. 12-16, 14195 Berlin, Tel.: 030/838-53119, Fax: 030/838-53118, E-Mail: rhenggea@zedat.fu-berlin.de

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Ilka Seer idw

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