Königin der Pflanzen "steht Modell" für die Evolutionsbiologen

Biologe der Universität Jena erforscht mit neuen DFG-Mitteln Artenvielfalt der Hundsrosen und ihrer Parasiten

Rosen, kaum ein Garten oder Park, den sie nicht schmücken. Als Sinnbild der Liebe inspirieren sie Dichter. Seit Jahrhunderten treiben sie Züchter an, immer neue Sorten zu kreieren. Auch Dr. Volker Wissemann interessiert sich für die Königin der Pflanzen, genauer für die ursprünglichen Wildrosen. Den Evolutionsbiologen von der Friedrich-Schiller-Universität Jena beschäftigt jedoch weniger ihr Symbolgehalt als vielmehr ihre komplizierte Vermehrung, also ihr Liebesleben. Sein Forschungsprojekt zur Genetik von Wildrosen ist nun von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) verlängert worden. Während der nächsten zwei Jahre will der Wissenschaftler mit seiner Arbeitsgruppe vom Institut für Spezielle Botanik der Universität Jena erkunden, wie biologische Vielfalt in den mitteleuropäischen Wildrosen entsteht.

„Wir wollen wissen, wie sich die Hundsrosen vermehren und welche Auswirkungen ihre einzigartige Reproduktionsbiologie auf die Vielfalt der Parasiten hat, die mit ihnen leben“, sagt Wissemann. Bereits in seiner Diplomarbeit ging er der Frage nach, ob sich die 30 Arten der europäischen Hundsrosen sexuell vermehren. Im Gegensatz zu kultivierten Sorten und anderen Wildarten besitzen die Hundsrosen nämlich fünf Chromosomensätze, die bei der Fortpflanzung nicht gleichmäßig weitergegeben werden. Die Eizelle einer Hundsrose bekommt vier Chromosomensätze und das Pollenkorn nur einen, um ihn der Folgegeneration in die Wiege zu legen. Deswegen ähneln die Nachkommen immer stärker der Mutterpflanze.

Wissemann konnte durch genetische Untersuchungen nachweisen, dass alle Hundsrosen so genannte Bastarde sind. Denn das Erbmaterial von Generationen von Elternpaaren hat sich über Artgrenzen hinweg fortwährend miteinander vermischt, so dass die heute existierenden Hundsrosen-Hybriden die Merkmale von Rosen aus der ganzen Welt in sich tragen. Zusätzlich konnte gezeigt werden, dass dem merkwürdigen Vermehrungstyp zum Trotz eine voll funktionsfähige sexuelle Vermehrung möglich ist. „Die Hundsrosen sind eine Kombination aus allen Rosen. Sie breiteten sich nach der Eiszeit in Europa aus“, erklärt der Jenaer Botaniker.

Dadurch und durch ihre einzigartige Vermehrungsform sind sie ein ideales Objekt, um das Entstehen von Arten und biologischer Vielfalt (Biodiversität) zu studieren. Denn die verschiedenen Rosen können auch verschiedene Parasitenarten, z. B. Rostpilze oder gallbildende Insekten, beherbergen. Die Parasitenart kann sich in dem Maße verändern, wie sich auch die Wirtspflanze ändert. Diesen Prozess nennt man Koevolution.

„In Deutschland haben wir beispielweise für das Zusammenleben der Wildrosen mit den Rostpilzen keine Indizien für solch eine Koevolution gefunden. Das liegt daran, dass das Areal zu einheitlich ist. Es gibt keine Barrieren, die eine enge Bindung und Abhängigkeit der Organismen aneinander bedingen“, fasst Wissemann diesen Befund der Arbeitsgruppe zusammen. Bereits im ersten Teil des Forschungsprojektes arbeitete er mit Zoologen, Agrarökologen und Mykologen zusammen. Gemeinsam werden sie nun den neu bewilligten Projektteil angehen. „Kleine enge Lebensräume wie z.B. die Täler des Schweizer Wallis können eine Koevolution begünstigen, daher liegt ein Hauptaugenmerk in dieser Forschungsphase auf der Untersuchung der Interaktion in diesen fragmentierten bzw. isolierten Arealen“, so Wissemann. Der Jenaer Wissenschaftler hofft, die Bedeutung der ausgeprägten Hybridisierung für die evolutionäre Geschichte der Hundsrosen zu verstehen und die Lücken im Stammbaum der Gattung weltweit zu füllen.

Kontakt:

Dr. Volker Wissemann
Institut für Spezielle Botanik der Universität Jena
Philosophenweg 16, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 949-255 Fax: -252
E-Mail: Volker.Wissemann@uni-jena.de

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Stefanie Hahn idw

Weitere Informationen:

http://www.uni-jena.de

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