Ameisen: Eier der Königin machen Untertaninnen unfruchtbar

Eine Arbeiterin hat gerade ein Ei verspeist, das nicht mit dem Königinnensignal markiert war. Die Überbleibsel der Mahlzeit hängen noch zwischen ihren Kiefern. Foto: Liebig

In Ameisenstaaten liegt das Monopol der Fortpflanzung bei der Königin. So lange sie da ist, legen die Arbeiterinnen keine Eier. Der Trick: Die Königin gibt ein Signal ab, das ihre Untertaninnen unfruchtbar hält. Forscher vom Biozentrum der Uni Würzburg haben dieses Signal jetzt identifiziert: Die Königin schreibt den Befehl, jegliche Vermehrung im Staate zu unterlassen, auf ihre Eier. Darüber berichtet die Zeitschrift PNAS.

Bei Ameisen herrscht eine strikte Aufgabenteilung: Die Untertanen haben zu arbeiten, während für die Fortpflanzung allein die Königin zuständig ist. Wären auch die Arbeiterinnen mit der Eiablage beschäftigt, dann würde das die Produktivität der Kolonie belasten. Darum unterdrückt die Herrscherin in ihrem Reich die Fortpflanzungsfähigkeit.

Annett Endler und Jürgen Liebig vom Würzburger Biozentrum haben nun bei Laborexperimenten mit Rossameisen (Camponotus floridanus) festgestellt: Die Königin selbst muss gar nicht anwesend sein, um die Arbeiterinnen unfruchtbar zu halten – diese Aufgabe erledigen ihre Eier. Die königlichen Produkte sind nämlich mit einer Mixtur aus Kohlenwasserstoffen markiert, welche die Fruchtbarkeit der Arbeiterinnen verhindern. „Das Gemisch besteht aus mehr als 30 Komponenten, 15 davon kommen ausschließlich bei der Königin vor“, sagt Liebig.

Dass der königliche Befehl mit den Eiern überbracht wird, macht Sinn. Die untersuchten Rossameisen unterteilen ihre Kolonien in mehrere Filialen, die bis zu einen Meter weit auseinander liegen können. So haben nicht alle Arbeiterinnen Kontakt zur Königin – dafür aber zu deren Eiern, denn die werden in alle Zweigstellen transportiert. Dort zeigen sie an, dass in der Kolonie eine fruchtbare Königin anwesend ist.

Auch die tropischen Weberameisen leben auf mehrere Nester verteilt. Sie bauen ihre Behausungen in die Kronen großer Bäume und dehnen ihr Reich teilweise sogar auf benachbarte Bäume aus. Wie die Königin einer Weberameisenkolonie einen so großen Staat fortpflanzungstechnisch in Schach halten kann, war bislang völlig unklar. Die Würzburger Biologen haben nun auch hierfür eine mögliche Erklärung gefunden.

Die Rossameisen unterstützen übrigens ihre eigene sexuelle Unterjochung: Die Wissenschaftler legten mehrere königinnenfreie Kolonien an und schmuggelten dann verschiedene Eier hinein. Fügten sie Eier hinzu, die sowohl von Königinnen als auch von Arbeiterinnen stammten, dann fraßen die Ameisen die Arbeiterinneneier auf. Übertrugen die Forscher aber zuvor die königlichen Kohlenwasserstoffe auf die gewöhnlichen Eier, dann wurden diese nicht verspeist. Darin sehen die Würzburger den Beweis, dass es tatsächlich diese Signalstoffe sind, die das Fortpflanzungsmonopol der Regentin aufrecht erhalten.

Weitere Informationen: Jürgen Liebig, T (0931) 888-4316, Fax (0931) 888-4309, E-Mail:
jliebig@biozentrum.uni-wuerzburg.de

Annett Endler, Jürgen Liebig, Thomas Schmitt, Jane Parker, Graeme Jones, Peter Schreier und Bert Hölldobler: „Surface hydrocarbons of queen eggs regulate worker reproduction in a social insect“, PNAS, 2. März 2004, Vol. 101, No. 9, Seiten 2945-2950.

Hinweis: Die Originalarbeit können Sie als pdf-File bei der Pressestelle der Universität anfordern, T (0931) 31-2401, E-Mail: emmerich@zv.uni-wuerzburg.de

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Robert Emmerich idw

Weitere Informationen:

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