Killerzellen unter Kontrolle

Warum die Immunzellen Erreger frühzeitig angreifen

Natürliche Killerzellen, auch NK-Zellen genannt, gehören zu den weißen Blutkörperchen. Sie spielen bei der frühen Immunabwehr des Körpers gegen Viren und Bakterien sowie Tumorzellen eine entscheidende Rolle. Bevor das Immunsystem seine Kräfte zur Generalabwehr formiert, bekämpfen die NK-Zellen schon die Erreger und töten die befallenen Körperzellen gezielt ab. Wie die NK-Zellen die erkrankten Körperzellen erkennen und welche molekularen Mechanismen zur Aktivierung der Killerzellen führen, konnte Dr. Watzl durch seine mehrjährigen Forschungsarbeiten charakterisieren.

Feine Balance zwischen positiven und negativen Signalen

Die Aktivierung der natürlichen Killerzellen wird durch eine feine Balance zwischen positiven und negativen Signalen reguliert. Auf der Oberfläche der NK-Zellen sitzen bestimmte Rezeptoren, die entweder ein aktivierendes oder hemmendes Signal in die Killerzelle hinein weiterleiten. Kommt die NK-Zelle mit einer Körperzelle in Kontakt, so binden die aktivierenden und hemmenden Rezeptoren die Körperzelle an den entsprechenden Oberflächenmolekülen. Gesunde Körperzellen zeigen auf ihrer Oberfläche spezifische Proteine, sogenannte MHC I-Moleküle, die von hemmenden Rezeptoren der NK-Zelle erkannt werden. Dadurch wird die Aktivierung der NK-Zelle unterbunden und sichergestellt, dass keine gesunden Körperzellen angegriffen werden. Einige Krebszellen und Zellen, die von bestimmten Viren befallen werden, verlieren jedoch ihre MHC I-Moleküle. Da die Gegenregulation durch die hemmenden Rezeptoren in diesem Falle nicht mehr stattfindet, überwiegen die aktivierenden Signale in der NK-Zelle und diese geht zum Angriff über.

Komplizierte Wechselwirkungen der Rezeptoren

Bei einem dreijährigen Forschungsaufenthalt als Postdoktorand in der Gruppe von Dr. Eric O. Long am National Institute of Allergy and Infectious Diseases (NIAID), National Institutes of Health, Rockville, MD, USA, legte Dr. Watzl den Grundstein für seine heutige Forschung. „Signale, die zur Aktivierung von NK-Zellen führen, waren bisher nur unvollständig verstanden“, erläutert Dr. Watzl. „Deswegen nutzten wir den damals bekannten aktivierenden NK-Zell-Rezeptor 2B4 als Modell, um die Wirkweise aktivierender und hemmender Regulationssignale in NK-Zellen zu studieren.“ So konnte gezeigt werden, dass nach Bindung der NK-Zelle an die erkrankte Zielzelle eine Phosphorylierung des 2B4-Rezeptors auftrat, die letztendlich zur Abtötung der attackierten Zielzelle und zur Ausschüttung von Botenstoffen für weitere Zellen des Immunsystems führt.

Weiterhin fanden der Heidelberger Wissenschaftler und seine Kollegen: Die Phosphorylierung und Aktivierung des 2B4-Rezeptors ist von einer Anreicherung in bestimmten Bereichen der NK-Zellmembran, den sogenannten „lipid rafts“, abhängig. Eine Aktivierung der hemmenden Rezeptoren im Modellsystem unterbindet dagegen die Phosphorylierung des aktivierenden 2B4-Rezeptors und die Anreicherung in den „lipid rafts“. „Wahrscheinlich hängt dieser Mechanismus mit einer Blockierung des unter den „rafts“ liegenden Actin-Zytoskeletts zusammen“, erklärt Dr. Watzl. Da auch andere aktivierende Rezeptoren der NK-Zellen und anderer Immunzellen von dem Mechanismus der „lipid rafts“ abhängig sind, könnte dies einen allgemeinen Wirkmechanismus für hemmende Rezeptoren in den weißen Blutkörperchen darstellen.

Die Untersuchungen der frühen Signalereignisse bei der Aktivierung von NK-Zellen leisten einen bedeutenden Beitrag zur Aufklärung der komplizierten Wechselwirkungen zwischen aktivierenden und hemmenden Oberflächenrezeptoren in NK-Zellen und anderen weißen Blutkörperchen. Sie helfen somit die Reaktionen von NK-Zellen bei der Abwehr von Infektionen besser zu verstehen.

Für seine weitreichenden Arbeiten über die Wirkungsweise „natürlicher Killerzellen“ im Immunsystem wird der Biologe Dr. Carsten Watzl mit dem mit 2.500 Euro dotierten Robert-Koch-Postdoktoranden-Preis 2003 am 27. Oktober in Berlin ausgezeichnet. Er ist seit April 2002 selbständiger Nachwuchsgruppenleiter des Sonderforschungsbereichs „Immuntoleranz und ihre Störungen“ am Institut für Immunologie des Universitätsklinikums Heidelberg (Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Stefan Meuer). Diesen Preis vergibt die Robert-Koch-Stiftung jährlich an herausragende Nachwuchswissenschaftler, die von den wissenschaftlichen Fachgesellschaften für Immunologie, Virologie und Hygiene und Mikrobiologie vorgeschlagen werden. In diesem Jahr wurden drei Wissenschaftler aus Würzburg, Magdeburg und Heidelberg ausgezeichnet.

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