Auf dem Weg zum individuellen Tumortherapeutikum

Mit Plecstatin wurde ein Wirkstoff gefunden und charakterisiert, das als neuartiges maßgeschneidertes Medikament für die Krebstherapie eingesetzt werden könnte. Copyright: Christopher Gerner/Wiley-VCH

Seit vielen Jahren versuchen ForscherInnen molekulare Zielstrukturen von metall-haltigen Wirkstoffen gegen Krebs zu identifizieren, um die exakten Wirkmechanismen ebenso wie individuelle Risikofaktoren besser einschätzen zu können.

Da sich diese Identifikation als recht schwierig herausgestellt hat, gehen WissenschafterInnen davon aus, dass metall-basierte Wirkstoffe eher unselektiv Krebszellen schädigen. Um einen optimalen Therapieerfolg ermöglichen zu können ist es aber erforderlich, maßgeschneiderte Medikamente mit eindeutigen molekularen Zielen und Wirkmechanismen individualisiert einzusetzen.

Einem Forschungsteam um Christopher Gerner von der Fakultät für Chemie der Universität Wien ist bei der Lösung der bekannten Problematik nun ein Meilenstein gelungen. Bei der Untersuchung von molekularen Zielstrukturen mittels Massenspektrometrie, insbesondere von metall-organischen rutheniumhaltigen Wirkstoffen, wurde deutlich, dass nicht DNA, sondern Proteine wichtige Zielmoleküle sind.

„Dieser Organoruthenium-Wirkstoff zeigte eine hohe Selektivität für Plektin, einem zentralen Zytoskelettmolekül, das für den Ablauf räumlich koordinierter Prozesse besonders wichtig ist“, erklärt Samuel M. Meier, Post-Doc in der Gruppe von Gerner, der den Wirkstoff als Doktorand in der Gruppe von Dekan Bernhard Keppler hergestellt hat. Tatsächlich konnten die biologischen Effekte des nun als Plecstatin bezeichneten Wirkstoffes weitestgehend aus diesem biochemischen Befund erklärt werden, was den gewünschten Eigenschaften eines maßgeschneiderten Medikamentes entspricht.

„Unsere Ergebnisse geben Hoffnung, mit den bekannten analytischen Verfahren und Strategien nun auch Zielstrukturen von anderen, bereits etablierten Medikamenten identifizieren zu können“, so Christopher Gerner. Damit werden letztlich auch wichtige Metall-organische Wirkstoffe in die Gruppe der maßgeschneiderten Medikamente eingegliedert, welche für den individualisierten und somit jeweils persönlich optimierbaren Einsatz zur Verfügung stehen. Mit Plecstatin wurde ein Wirkstoff gefunden und charakterisiert, das als neuartiges maßgeschneidertes Medikament für die Krebstherapie eingesetzt werden könnte.

Publikation in „Angewandte Chemie International Edition „
An Organoruthenium Anticancer Agent Shows Unexpected Target Selectivity For Plectin
Samuel M. Meier, Dominique Kreutz, Lilli Winter, Matthias H.M. Klose, Klaudia Cseh, Tamara Weiss, Andrea Bileck, Beatrix Alte, Johanna C. Mader, Samir Jana, Annesha Chatterjee, Arindam Bhattacharyya, Michaela Hejl, Michael A. Jakupec, Petra Heffeter, Walter Berger, Christian G. Hartinger, Bernhard K. Keppler, Gerhard Wiche and Christopher Gerner.
DOI: 10.1002/anie.201704644

Wissenschaftlicher Kontakt
Univ.-Prof. Dr. Christopher Gerner
Institut für Analytische Chemie
Universität Wien
1090 Wien, Währinger Straße 38
T +43-1-4277-523 02
M +43-650-7287412
christopher.gerner@univie.ac.at

Rückfragehinweis
Mag. Alexandra Frey
Pressebüro der Universität Wien
Forschung und Lehre
1010 Wien, Universitätsring 1
T +43-1-4277-175 33
M +43-664-602 77-175 33
alexandra.frey@univie.ac.at

Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 15 Fakultäten und vier Zentren arbeiten rund 9.700 MitarbeiterInnen, davon 6.800 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit auch die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 92.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit über 180 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. 1365 gegründet, feierte die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis im Jahr 2015 ihr 650-jähriges Gründungsjubiläum. http://www.univie.ac.at

Media Contact

Stephan Brodicky Universität Wien

Alle Nachrichten aus der Kategorie: Biowissenschaften Chemie

Der innovations-report bietet im Bereich der "Life Sciences" Berichte und Artikel über Anwendungen und wissenschaftliche Erkenntnisse der modernen Biologie, der Chemie und der Humanmedizin.

Unter anderem finden Sie Wissenswertes aus den Teilbereichen: Bakteriologie, Biochemie, Bionik, Bioinformatik, Biophysik, Biotechnologie, Genetik, Geobotanik, Humanbiologie, Meeresbiologie, Mikrobiologie, Molekularbiologie, Zellbiologie, Zoologie, Bioanorganische Chemie, Mikrochemie und Umweltchemie.

Zurück zur Startseite

Kommentare (0)

Schreiben Sie einen Kommentar

Neueste Beiträge

Diamantstaub leuchtet hell in Magnetresonanztomographie

Mögliche Alternative zum weit verbreiteten Kontrastmittel Gadolinium. Eine unerwartete Entdeckung machte eine Wissenschaftlerin des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme in Stuttgart: Nanometerkleine Diamantpartikel, die eigentlich für einen ganz anderen Zweck bestimmt…

Neue Spule für 7-Tesla MRT | Kopf und Hals gleichzeitig darstellen

Die Magnetresonanztomographie (MRT) ermöglicht detaillierte Einblicke in den Körper. Vor allem die Ultrahochfeld-Bildgebung mit Magnetfeldstärken von 7 Tesla und höher macht feinste anatomische Strukturen und funktionelle Prozesse sichtbar. Doch alleine…

Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze

Projekt HyFlow: Leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem für moderne Energienetze. In drei Jahren Forschungsarbeit hat das Konsortium des EU-Projekts HyFlow ein extrem leistungsfähiges, nachhaltiges und kostengünstiges Hybrid-Energiespeichersystem entwickelt, das einen…

Partner & Förderer